Hallo Woifi,
wenn man mit Schaltern die Resonanzspitze reproduzierbar verschieben will, braucht man erst einmal einen guten Impedanzwandler und da wird es schon eng, wenn man etwas fertig erstehen will. Der schlechte Ruf aktiver Gitarren kommt eindeutig daher, daß schlechte Bauteile und z.T. ungünstige Schaltungen für die Buffer/Preamps verwendet werden. Auch Herr Lemme macht sich da einige Dinge zu leicht und geht z.T. von zu vereinfachten Modellvorstellungen aus.
Insbesondere Schaltungen, die dann noch 12 dB boosten, sind katastrophal, da sie garantiert die Transienten des Gitarrensignals ruinieren. Man sollte davon ausgehen, daß die Transientenspitzen bei +/- 2,5 Volt liegen. Bei +/- 4,5 Volt Batteriespannung bleibt da nicht viel zum Verstärken - insbesondere, wenn man einen OP-Amp verwendet, der nicht Rail to Rail aussteuerbar ist, sondern nur +/- 3 Volt sauber verarbeiten kann. Außerdem muß man man in der Gitarre auf den Stromverbrauch achten, da der Batteriewechsel in der Gitarre noch lästiger als im Effektgerät ist. Ich empfehle von daher, einen FET zu verwenden und entweder einen Source Folger oder eine Stufe mit maximal 6 dB Verstärkung zu designen. Wegen der Exemplarstreuungen der FETs muß man da schon selektieren und die Schaltung etwas anpassen. Mit FETs lassen sich Schaltungen mit 0,3 - 0,8 mA Stromverbrauch leicht realisieren. Die meisten (audio-tauglichen) OP-Amps liegen zwischen 1,5 und 4 mA. Eine Ausnahme ist der AD820 von Analog Devices. Der braucht nur 0,8 mA und arbeitet Rail-to Rail. Das wäre eine Alternative zum FET. Allerdings gefällt mir die Klangcharakteristik des diskreten FET besser. Wenn man etwas selektiert und trimmt, bekommt man sogar den Charakter hin, den man sonst gerne Röhren zuschreibt. Der FET hat eben auch so eine gekrümmte Kennlinie wie eine Triode.
Recht populär ist die FET PreAmp-Schaltung von Don Tilman (im WEB). Allerdings hat die Schaltung am Eingang in einer Richtung nur rund 1 Volt Headroom, wenn man den vorgeschlagenen J201 verwendet. Wenn man schon in der Gitarre eine leichte Transientenkompression haben will, wie sie sonst in der Röhreneingangsstufe entsteht, ist das OK. Ansonsten sollte man die Schaltung modifizieren oder einen anderen FET nehmen (der mit etwas mehr Strom läuft).
Warum erzähle ich das alles ?
Der qualitativ hochwertige Buffer/Preamp ist das A und O, wenn man einen Wahlschalter für die Resonanzfrequenz des PU haben will und von der Kabelkapazität unabhängig sein will. Wohlgemerkt: Unabhängig von der Kabelkapazität, nicht unabhängig von den sonstigen Klangeinflüssen durch das Kabel. Es ist eine verbreitete Irrmeinung und kompletter Blödsinn, man könne hinter einem niederohmigen Bufferausgang auch Billigstkabel verwenden.
Ich habe früher auch Impedanzwandler OP-Amp-Schaltungen von Lemme mit Feld-Wald- und Wiesen Bauteilen nachgebaut und hatte auch schon einen gekauften FET-Impedenzwandler im Einsatz. Die Direktheit des Gitarrensignals war jedesmal beeinträchtigt. Die eingefleischten Technokraten werden hier wahrscheinlich wieder schreien und sagen, daß das technisch/ingenieurmäßig gar nicht sein kann und das es sich ausschließlich um Einbildung und Voodoo handelt.
Dazu meine Antwort: Ich bin promovierter Ingenieur und höre die Unterschiede (wie die meiste Musiker mit guten Ohren) sehr deutlich. Ohne in die physikalischen Details zu gehen, gibt es auch gar keine physikalischen Widersprüche, wenn man nur etwas tiefer in die Physik einsteigt und nicht bei oberfächlichen technischen Modellen hängenbleibt. Das mußte ich mal loswerden, weil mir die Ignoranz und deplazierte Überheblichkeit von Leuten, die mehr mit ihren (unzureichenden) technischen Formeln und Modellen hören als mit ihren Ohren in letzter Zeit wieder zunehmend auf den Wecker geht.
Also: FET-Schaltung oder OP-Amp AD820 - in jedem Fall aber mit sehr guten Bauteilen. Sonst hat man reichlich Schaltmöglichkeiten aber der Grundsound der Gitarre ist lädiert. Dazu gehört auch, die Schaltung einfach und den Signalweg kurz zu halten. Sonst hat man das gleiche Problem wie mit Non-True-Bypass Effektgeräten.
Die Schaltmöglichkeiten der Resonanzspitze und ggf. des Höhenkondensators am Lautstärkepote würde ich stark begrenzen. Ansonsten ist man während des Spiels nur am Herumschalten. Weniger ist mehr. Es sollte aber auf die persönlichen Vorstellungen genau abgestimmt sein. Ich habe z.B. nur 3 Optionen mit einem Minischalter: Die Grundstellung simuliert etwa ein 4 m Kabel. Ausgehend von aktuellen Fender-Standard PUs und üblichen 6 m Kabeln verschiebt sich die Resonanzspitze damit etwas nach oben und kommt in den typischen Bereich alter Strat-PUs (50 iger Jahre) (Mein Vintage Smooth). Bei der zweiten Stellung wird ein Höhenkondensator am Vol-Poti dazugeschaltet, daß etwa so wie der Bright-Achalter in alten Fender-Amps ausgelegt ist. Das ist also meine Vintage Bright Stelluntg. Die dritte Stellung simuliert etwa ein 10 m Kabel und verschiebt die Resonanzspitze damit deutlich nach unten - in den mittigeren, etwas härteren Bereich. Zusätzlich schalte ihc den Höhenkondensator auf einen größeren Wert - etwa in der Auslegung, wie bei klassischen Marshalls der 70 iger Jahre. Das ist meine Modern Bright Position.
Die Verbindung aus Stellung des Vol-Reglers mit den 3 Positionen des Mini-Schalters (und natürlich den 5 PU-Stellungen) gibt mir damit eine sehr gute Bandbreite von Sounds, die leicht abzurufen sind. Durch den FET-Buffer sind die Sounds auch besser reproduzierbar als bei einer passiven Gitarre.
Nachteilig ist so eine aktive Schaltung eigentlich nur für die Verwender von Treble Boostern, da ja ein wesentlich Effekt des TB darin besteht, durch niederohmigen Eingang (33 - 68 K typischerweise) die Resonanzspitze des PU platt zu machen und dafür die Höhen mit niedrigerer Grenzfrequenz (also mittiger) zu boosten. Das wird natürlich durch den BUffer verhindert.
Gruß,
DocBlues