Hi Folks,
jetzt muss ich auch noch kurz meinen Senf dazu geben, hab seit vielen Jahren mit dem Thema Speakeralterung zu tun.
1. Hauptfaktor ist die Steifheit bzw. Nachgiebigkeit der Membranaufhängung. Diese verändert sich recht krass vom Neuzustand bis nach dem Einspielen. Wie stark sie sich verändert ist eine Frage des Materials. Ein technisch bzw. theoretisch 'guter' Lautsprecher wird im Neuzustand sehr nahe am eingespielten Zustand sein bzw. nach kurzem Einspielen verhält sich die Membranaufhängung über die Jahre konstant. Das ist die Ausnahme und wenn überhaupt eigentlich nur im HiFi oder PA Bereich zu finden.
Besonders hart aufgehängte Speaker mit eher minderwertigen Materialien (und das sind fast alle Gitarrenspeaker!) verändern ihre Aufhängungseigenschaften sehr stark und kontinuierlich, die werden eigentlich immer weicher.
2. Bestes Verfahren zum schnellsten Einweichen eines neuen Speakers was ich kenne: Niederfrequentes Schwingen mit großem Membranhub. Und so gehts:
Man braucht einen Sinusgenerator der bis etwa 5Hz runtergeht. Kann auch ein PC mit Sinusgen. Software sein. Als Amp empfehle ich ein HiFi Gerät, die meisten gehen locker bis 5Hz runter. Speaker sollte offen auf dem Tisch liegen, in einem open back oder vented Gehäuse gehts auch eingebaut. Wichtig ist, daß man den Membranhub sehen kann.
Den Lautsprecher an den Amp anklemmen und den 5Hz Sinuspegel langsam hochdrehen bis die Membran deutlich sichtbar 'schwabbelt'. Beim Hochfahren des Pegels sehr, sehr vorsichtig sein, hört man ein schnarrendes oder laut knarrendes Geräusch dann schlägt die Schwingspule an der hinteren Polplatte an was den Speaker zerstören kann. Also sehr vorsichtig sein, ein Hub von +- 1-2mm reicht völlig aus.
Die Anordnung etwa einen Tag lang schwingen lassen. Dabei wird die Aufhängung in einem Ausmass gedehnt und 'massiert' die vielen, vielen Tagen wenn nicht Jahren Gitarrensalat entspricht.
Rosa Rauschen oder Klampfe von CD oder so macht nur dann Sinn, wenn tatsächlich ein grosser Membranhub erzielt wird. Macht aber einen Höllenkrach, der 5Hz Sinus ist unhörbar, höchstens wackelt die Werkbank.
Nach der Massage ist die Aufhängung derart weich, daß man von einem eingespielten Zustand ausgehen kann.
3. Das Ganze ist kein Vodoo sondern messtechnisch nachweisbar. Wer die Thiele Small Parameter misst kann die Nachgiebigkeit der Aufhängung errechnen. Und die verändert sich krass durch das Verfahren. Ergebnis ist meist eine tiefere Resonanzfrequenz was besonders in closed back zu deutlich verändertem Sound führen kann.
In open back wird die weichere Aufhängung grössere Membranhübe bei Anschlägen bewirken was den Speaker unlinearer macht, er zerrt also mehr und neigt zur Kompression.
4. Habe selber keine Erfahrung mit Aufbringen irgendwelcher Mittelchen von Weichspüler bis WD40. Ich meine aber, daß man den Speaker dadurch nicht altert sondern modifiziert. Das muß nicht verkehrt sein, ich halte es allerdings für ein Glücksspiel ob die Membran oder Sicke das mitmacht und ob man das gewünschte Ergebnis erzielt. Wenn man unter Alterung die Veränderung eines Speakers auch durch feuchte Proberäume, Zigarettenqualm, Staub und Dreck versteht dann sollte man vielleicht unbedingt in diese Richtung weiter experimentieren. Alles, was man auf die Membran aufbringt macht sie schwerer was auch die Resonanzfrequenz senkt, da die bewegte Masse erhöht wird. Im HiFi Bereich hat man das empfohlen um die Membran steifer zu machen, tatsächlich hat man sie in erster Linie schwerer gemacht was oft den Bassbereich günstig beeinflusst. Vielleicht muß man einen Gitarrenspeaker tatsächlich mit Feuchtigkeit oder Öl nahezu vernichten um den gewünschten Sound zu erreichen. Ich würd's nicht machen es sei denn ich würd in Kohle schwimmen und hätte nix besseres zu tun.
Weich kriegt man den Speaker jedenfalls bestens mit dem oben beschriebenen Verfahren. Wer mag kann das Ganze ja im Dampfbad machen um noch eine Papieraufweichung zu bewirken. Aber nicht beschweren wenn der Speaker kaputt geht, ich habs nicht empfohlen.
Henning