Moinmoin zusammen,
ganz allgemein gilt: Je mehr Anodenstrom eine Röhre trägt, desto mehr Elektronen fliegen in ihr rum (klar). Je mehr Elektronen in ihr rumfliegen, desto mehr davon landen eben nicht an der Anode, sondern fliegen z.B. gegen das Steuergitter.
Obwohl dieser Effekt z.B. in einigen Vorverstärkerschaltungen ausgenutzt wird (Gittervorspannungserzeugung durch Anlaufstrom, letzterer heißt so, weil die Elektronen gegen das Gitter anlaufen) ist er prinzipiell unerwünscht, manchmal sogar schädlich.
Es folgt die Faustregel, dass je größer der Anodenstrom in einer Röhre ist bzw. werden kann, der Gitterableitwiderstand (zwischen Steuergitter und Masse) umso kleiner werden muss. Damit können die gegen das Steuergitter anlaufenden Elektronen nämlich zur Masse abfließen und richten keinen Schaden (z.B. den genannten weglaufenden Arbeitspunkt) an.
Für Endröhren werden daher in den Datenblättern maximal zulässige Gitterableitwiderstände angegeben. Die mir bekannte in dieser Hinsicht kritischste Endröhre ist die 6550A, für die der elektrische General max. 50KOhm bei festem Ruhestrom (üblich in Endstufen) angibt, bei automatischer Gittervorspannungserzeugung ausschließlich durch Kathodenwiderstand dürfen es (es wird gleichspannungsmäßig kräftg gegengekoppelt) dann 250kOhm sein. Ich weiß, dass andere Hersteller da großzügiger sind, halte mich aber gerne auf der sicheren Seite des elektrischen Generals auf...
Die die Endstufe treibende Vorstufe, sei es direkt der PI in welcher Form auch immer direkt oder eine zwischen PI und Endröhre geschaltete weitere Stufe, muss genug Strom liefern können, um an dem Gitterableitwiderstand (bei mehrern Endröhren pro Halbwelle sogar an deren Parallelschaltung mehrerer solcher) das NF-Signal in der erforderlichen Amplitude auch treiben zu können.
Für deine konkrete Frage heißt das:
1.) Finde raus, welche Mischung aus automatischer und "fixed bias" Vorspannungserzeugung du hast (bzw. wenn du selber Schaltungsentwickler bist: Lege das beim eigenen Entwurf fest, man fängt i.a. bei Endstufen ohnehin "von hinten" an zu designen). Auch wenn du nominell "fixed bias" hast, realiter hast du fast immer auch Kathodenwiderstände, also einen Mix aus beidem!
2.) Bestimme daraus den minimal zulässigen Gitterableitwiderstand der Endröhren, bei mehreren Endröhren pro Halbwelle den durch Parallelschaltung sich ergebenden Gesamtwiderstand. Bei Schaltungen mit 4xKT00 halbiert sich der wirksame Widerstand, mit 6 drittelt er sich, 8 werden ihn vierteln und so weiter.
3.) Lege die Schaltung vor der Endröhre so aus, dass sie an diesem Widerstand auch die benötigte Gitterspannung (der Endröhren) treiben kann. Daher rühren die von dir erwähnten Kathodenfolger.
Es ist also mal wieder nicht so einfach wie "für Röhre X gilt Y", sondern hängt von vielen Parametern der Röhre sowie der konkreten Schaltung ab.
Weiterhin kommt es nicht darauf an, wo die Verstärkung passiert (vor oder hinter dem PI), sondern darauf, dass die letzte Röhre vor der Endröhre den benötigten Strom liefern kann. Schlimm wäre es - ganz und gar unabhängig von der Schaltung - hier eine ECC83 oder das amerikanische Äquivalent einzusetzen, die kann das nämlich nicht.
Der Hiwatt200 (4xKT88, kein Kathodenwiderstand, 100k Gitterableitwiderstand pro Röhre) ist also nix Besonders, schon gar kein Widerspruch zu irgendwas, sondern im Gegentum eine Bestätigung des Ganzen und durchaus vernünftig designt:
- Die 100kOhm gehen nach Datenblatt (TESLA) in Ordnung
- Die resultierenden 50k pro Halbwelle werden von einer ECC81 getrieben.
Martin