Ich will euch mal mein neuestes Miniatur-Projekt vorstellen:
>> Herr Wörpel <<
ein Vollröhrencombo mit markerschütternden 0,5 Watt der mit einem handelsüblichen 12V 2A Steckernetzteil betrieben werden kann.
Aber von vorn:
Mir war mal wieder "bastelig" und diese winzigen Röhrenamps von Thomas Eduardt Hafemann (Google'n & Youtube'n!) hatten es mir schon eine Weile angetan. Also bin ich in meinen Teile-Keller gegangen und habe erstmal nach einem brauchbaren Lautsprecher gesucht der die Kriterien "so klein wie möglich" und "vom Frequenzgang her dennoch gitarrentauglich" erfüllen sollte. Was ja durchaus ein Problem ist, denn je kleiner die Kollegen sind umso tauglicher sind sie als Hochtöner, was ich aber für Gitarre gar nicht gebrauchen kann. Zumindest nicht wenn auch Zerre im Spiel ist. Die 4" in meinem Sortiment fielen aus diesem Grund alle aus. Unter den 5" wurde ich allerdings fündig. Ein Lautsprecher aus einem Orion AR 306 Röhrenradio von 1958, das ich mal in extrem desolatem Zustand im Regen fand, eignete sich sehr gut für den Job. Keine Höhen aber viel Hochmitten, genau wie ein Gitarrenlautsprecher. .... und ja, ich baue meine Amps um die Lautsprecher drumherum (:
Die Schaltung entlieh ich mir dann von oben genanntem Amp-Bastler. Der nette Herr ist sehr open-source und veröffentlicht seine Schaltungen frei im Internet. Ich entschied mich für eine Schaltung mit ECC83 + 1/2 ECC82 in der Vorstufe und 1/2 ECC82 in der Endstufe. Sollte mit etwa 0,5W genug Terror machen um die Nachbarn mit meinem Gedudel nerven zu können aber nicht genug um gleich die Polizei auf den Plan zu rufen. Also Perfekt ^^ Ein paar kleine Änderungen in der Schaltung habe ich mir dann noch aus den Fingern gesaugt um sie meinen Vorstellungen anzupassen. Vor allem der 100pF Bright-Cap am Gain-Poti ist ein sehr mächtiges Werkzeug zur Klangformung. Aber dazu später mehr.
Als Chassis kam ein Aludruckgussgehäuse von Hammond zum Einsatz. Der Ausgangsübertrager ist ein kleiner Federhall-Übertrager für 10 Euro hier aus'm Shop und als Anodenspannungsquelle entschied ich mich für die V-Pump, ebenfalls von TT. Die zaubert aus 12VDC stufenlos einstellbare 90-250VDC bei 15mA, was für meine Zwecke gerade noch ausreicht (die 1/2 ECC82 zieht etwa 9mA und für die drei Vorröhren in Summe nochmal ca. 3-4mA).
Der Aufbau ist standesgemäß für ein Wochenendprojekt als Drahtigel ääääh ich meine point-to-point-wiring ausgeführt ^^ Bei den paar Bauteilen lohnt sich auch keine Platine.
Das Gehäuse ist aus 6,5mm Birkenmultiplex und die Frontbespannung ist Marshall Cane "Stoff" hier aus'm Shop, ebenso das Lüftungsgitter oben.
Klanglich bin ich seit der Bright-Cap drin ist super zufrieden. Vorher war er etwas zu dumpf. Der lustige Nebeneffekt dieses Kondensators ist, daß er, je mehr man den Gain aufdreht, zunehmend an Wirkung verliert. Ich kann also mit niedrigem Gain, Klangregelung auf 10-11 Uhr und weit aufgedrehtem Master einen schönen Badewannensound mit brillanten Höhen einstellen, der fast ein wenig nach Akustikgitarre klingt (zumindest an meiner Strat). Mit weiter aufgedrehtem Gain, Tone jenseits 12 Uhr und niedrigerem Master wird der Klang eher "Vintage". Zerrsounds sind mit der Schaltung nur sehr verhalten möglich, jedenfalls vom Preamp allein. An der Strat brizzelt es wenn man den Gain auf 3 Uhr oder höher stellt. Mit Humbucker kann man schon fast Rock-Sounds à la AC/DC erzeugen aber High Gain ist einfach nicht drin. War auch nicht gewollt. Ich wollte hauptsächlich Clean oder leicht gesättigt. Die Kür eines jeden Röhrenamps ist ja diese dezente Sättigung, wo es gerade eben aufhört clean zu sein und das kann der Amp sehr gut, auch ohne Endstufenclipping. Mit Endstufenclipping wird die Zerre noch etwas matschiger und somit mehr "vintage". Kann man sich also einstellen wie man braucht. Von der Lautstärke her ist man dann mit dem kleinen 5-Zöller auf einem Niveau, wo man im Plattenbau schon Ärger mit den Nachbarn bekommen könnte. Schließt man eine große 2x12" mit effizienten Lautsprechern an, würde ich mir sogar getrauen mit einem leisen Schlagzeuger (der mit Besen spielt) zu jammen. Aber ok, dafür gibt es fraglos bessere Amps ... Der hier ist eindeutig für Zuhause zum täglichen Dudeln gebaut. Der kleine 5" klingt sogar richtig warm im Bass, da war ich erstaunt. Insofern ist der eingebaute Lautsprecher kein "Gimmick" für Situationen wo keine größere Box zur Hand ist, sondern wirklich nutzbar.
Anbei mal ein paar Bilder vom Bau und dem fertigen Amp. Bin gespannt auf eure Kommentare und ob jemand vielleicht schonmal einen ähnlichen Winzling gebaut hat?
Apropos Winzling: Die Außenmaße sind BxHxT 156x166x128mm
Viele Grüße
Carsten