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Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor

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Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« am: 24.06.2018 19:10 »
Hallo Zusammen,

ich versuche mich momentan an den Grundlagen der bipolaren Transistoren, genauer gesagt mit der Emitterschaltung von NPN Transistoren, wie sie u.A. hier zu finden ist:
http://www.elektronikinfo.de/strom/emitterschaltung.htm

Ich benutze für meine Versuche den BC107 Transistor und wähle mithilfe des Kennlinienfeldes zuerst einen Arbeitspunkt, wonach ich dann alle weiteren Widerstände auslege. Ich versorge den Transistor mit einer 9V-Batterie.

Nun möchte ich fragen, wie man den Arbeitspunkt am besten wählt und wovon dies abhängig ist. Bei meiner ersten Berechnung habe ich den Arbeitspunkt bei Q(5V / 7mA) gewählt und sehr geringe Widerstandswerte heraus bekommen. Bei meiner Internetrecherche wurden jedoch immer größere Werte vorgegeben, daher frage ich mich, ob meine Auslegung mies ist...
Im Anhang ist eine Skizze meiner berechneten Schaltung. Ich wäre für jeden Tipp sehr dankbar!

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Offline Bierschinken

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Re: Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« Antwort #1 am: 25.06.2018 10:54 »
Hallo,

mal ganz systematisch:

Du versorgst mit 9V. An der Basis müsste gemäß Spannungsteilerregel und unter vernachlässigung des Basistromes eine Spannung anliegen von etwa 3.8V. Damit liegt der Emitter, Lehrbuchgemäß, auf 4.5V.
Wenn da 3.1V anliegen sollen, müssten über den Re 40mA fließen.
Wenn der Emitterstrom bei 40mA liegt, liegt der Collectorstrom in einer ähnlichen Größenordnung.
40mA über 230Ohm, erzeugen einen Spannungsfall von 9.2V. Soviel Spannung stellt deine Quelle aber gar nicht bereit und die CE-Strecke wird da auch nicht berücksichtigt.
Du siehst, da stimmt etwas nicht.

Schau dir mal Basis-Letüre an wie https://www.elektronik-kompendium.de/sites/slt/1506301.htm.
Falls du hast auch gerne die dicken Dinger wie den Tietze & Schenk etc.
Da findest du ne ganze Menge Informationen.

Grüße,
Swen

Re: Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« Antwort #2 am: 25.06.2018 12:41 »
Hallo Swen,

vielen Dank für Deine Antwort! Mein Versuch heute hat mir auch gezeigt, dass etwas nicht stimmt ;) danke für die Erklärung!!
Ich habe einiges an Basislektüre gelesen, darunter auch Deinen Link, bin aber irgendwie verwirrt:
Wenn ich eine Emitterschaltung auslegen möchte, suche ich erst einen Arbeitspunkt aus oder wie beginne ich die Auslegung so einer Schaltung?

Ich habe heute einen Versuch gemacht, bei dem ich an der Basis 1V und als Emitter- bzw. Collectorstrom 1mA haben wollte. Danach habe ich den Spannungsteiler mit R1 und R2 ausgelegt und auch Re und Ce auslegen können. Den Kollektorwiderstand habe ich als 10k-Poti gewählt. Bei einem Sinussignal als Eingang von 200mVtt habe ich bei einem Collectorwiderstand von 3,3k eine Ausgangsspannung von 4Vtt.
Nach Messung und Rechnung liegt damit mein Arbeitspunkt bei Q(5.5V / 0,88mA). Der Basisstrom beträgt dabei knapp 3uA.

Ich konnte zwar mein Signal verstärken, aber ob der Arbeitspunkt gut gewählt war oder nicht kann ich nicht beurteilen. Daher wäre es lieb, wenn man mir sagen könnte, womit man bei so einer Auslegung anfängt, damit ich mich mit den Transistoren auch irgendwann mal anfreunden kann ;)

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Offline earnst

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Re: Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« Antwort #3 am: 25.06.2018 15:27 »
Hallo,

man sollt mit der Festlegung des Zwecks/OPtimierungsparameters beginnen, z. B.
- Kleinsignal, hohe Verstärkung
- Kleinsignal Rauschanpassung an Quelle
- Kleinsignal, hohe/niedrige Eingangsimpedanz (z. B. Piezo oder dyn. Mikrofon als Extrembeispiele)
- Kleinleistung (à la Kopfhörer-Verstärkerchen) Anpassung/Berücksichtung der Lastimpedanz, Strombedarf.
- Optimierung für Batteriebetrieb (Leistungsbedarf) mit Abstrichen an andere Performance

Im 2. Schritt wählt man einen geeigneten Transistor (Das ist im Allg. eine Schnittmenge aus Lagerbestand und intuitiver Typauswahl)  ;)

Dann kommt die überschlägige Wahl der Peripherie-Bauteile, genau rechnen lohnt nicht, wegen E12er Reihe, Toleranzen und anderem Realitätskram.
Rc aus Ruhestrom (Anwendungsabhängig!) und ~halber Versorgungsspannung
Re (mit/ohne Ce) aus erforderlicher Verstärkung/Gegenkopplung und zumutbarem Spannungsabfall unter Ruhe und Last.
Dann mit Stromverstärkungsfaktor des Transistors Basisspannungserzeugung: Basisstrombedarf, zumutbare Signal-Quellenbelastung durch Basisspgteiler, evtl. erforderliche "Tricks" wie Bootstrap-Schaltung.
Zuletzt - mit den gegebenen Widerständen - Wahl des Ein- und Auskoppelkondensators für entspr. untere Grenzfrequenz, wenn nicht DC-Kopplung angesagt ist, das ist aber wesentlich aufwändiger zu berechnen.

BTW Viele "How-to-Anleitungen" berücksichtigen überhaupt nicht das Drumherum der Transistorstufe, deswegen ist das dann auch so "easy" - Hauptsache "halbe Batteriespannung am Ausgang"  ;D

mfg ernst

Re: Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« Antwort #4 am: 27.06.2018 11:51 »
Hallo Ernst,

ich bedanke mich für Deine Antwort, bin aber doch ein wenig verwirrt...
Wie Du bereits sagtest, gehen viele Anleitungen von irgendwelchen Annahmen aus, mit denen ich nichts anfangen kann, sobald ich andere Ziele, Bauteile oder was weiß ich nicht alles benutze...
Ich möchte in einem ersten Schritt eigentlich nur eine Schaltung auslegen lernen, mit der ich mein Gitarrensignal ohne Verzerrung verstärken kann.
Schön wäre es, wenn ich dabei auch verstehen lerne, welchen Verstärkungsfaktor ich mit meiner Schaltung erreichen kann.

Beim rumspielen mit meiner bereits gezeichneten Schaltung habe ich ein paar Widerstände anders dimensioniert und den Kollektorwiderstand mit einem 10k-Poti getauscht. Mit diesem Poti konnte ich die Verstärkung in einem begrenzten Bereich einstellen, bis irgendwann mein Signal geclippt wurde. Weiterhin ist beim Drehen des Potis meine Wechselspannung gleichstrommäßig stark angestiegen und nur langsam wieder um die Null Volt zurück gegangen.
Gibt es vielleicht Literatur oder eine Anleitung, die erklärt, warum das passiert und wie ich das signal stabiler um die null volt bekomme? Wäre schön, auch zu verstehen, was ich da tue ;)

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Offline Birger

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Re: Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« Antwort #5 am: 28.06.2018 13:16 »
Hallo,
ich hatte mal einen Professor bzw. Dozenten in Grundlagen Elektrotechnik, der konnte einem sehr schön mit ein paar Überschlagsrechnungen z.B. die Verstärkung und Funktion einer mehrstufigen Transistorschaltung erklären. Die details wie Streuung der Parameter (z.B. Stromverstärkung, die streut z.B. massiv) spielen dafür nur bedingt eine Rolle. Der Weg dahin setzt allerdings ein gewisses Verständnis für die Grundlagen voraus.
Mir hilf hierbei immer eine bildliche Darstellung der Zusammenhänge. Super geeignet dafür sind meiner Meinung nach Schaltungssimulationen, z.B. mit LTSpice (kostenlos und gut!). Da kannst Du dann deine Schaltung simulieren (sowohl im Zeitbereich/transienten als auch im Frequenzbereich) und dir alle Spannungen und Ströme anschauen und mit den verschiedenen Bauteilwerten spielen. Dadurch solltest Du dann auch in Lage sein den Arbeitspunkt und z.B. die Auswirkungen von einer Gegenkopplung (AC oder DC) auf das Signalverhalten zu erarbeiten und vor allem auch das warum und wie zu verstehen.
Ich hoffe das hilft ein bisschen und viel Spaß damit!
Grüße Birger

Re: Wahl des Arbeitspunktes beim NPN Transistor
« Antwort #6 am: 29.06.2018 10:36 »
Guten Tag Birger,

vielen Dank für Deinen Tipp! LTSpice ist eine tolle Software, ich habe bisher leider nur wenig Erfahrung damit. Ich probiere mal die Schaltung dort zu simulieren. Vielen Dank für die Hilfe!