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Messung Strom und Spannung am Schirmgitter und Schirmgitterwiderstand
RöhrenSigi:
hi all!
Auch mit Schirmgitterwiderständen - selbst relativ hochohmigen - ist das Schirmgitter überlastbar!
Solange die Röhre keinen Strom zieht, ist der Schirmgitterstrom klein, also diese Spannung hoch.
Das Problem hierbei ist nicht die Schirmgitter-Verlustleistung, sondern die Isolationsfestigkeit.
Wenn die Isolation durchbricht (Überschlag), dann fliesst Strom.
Dieser aber fliesst nicht gleichmässig über die ganze Fläche des Gitters. Das führt zu "hot spots" auf den Gitterdrähten, an denen die Temperatur sehr hoch werden kann.
An diesen Stellen nimmt die Isolationsfestigkeit weiter ab... (Rest: siehe "thermal runaway")
Damit das Ganze nicht zu einfach ist: diese Vorgänge sind temperaturabhängig...
(in "anständigen" Datenblättern gibt es noch die Grenzdaten für Ua0 und Ug20. Diese sind meist massiv höher als Ua, bzw. Ug2 - eben, weil dies die Kaltwerte sind)
Es lohnt sich schon, Schaltungsdesigns aus mindestens drei Perspektiven anzusehen:
- statisch (das beachten noch die meisten)
- dynamisch (Ein-/Ausschaltvorgänge und Freuquenzabhängigkeiten)
- thermisch (wie verhalten sich die beiden obigen Kriterien über die Temperatur?)
Sehr viele Designs sind bei Weitem nicht so "sauber", wie man dies gerne erwarten möchte.
Die von Bruno monierten Schemas verletzen Röhren-Grenzdaten, wenn der Amp hoch ausgesteuert wird:
Die "komprimierende" Wirkung des Rg2 fehlt, es steigt Ig2 (damit auch Pg2) bis auf ungesunde Werte.
(ältere Datenblätter zeigen Kurven für Ig2 in Abhängigkeit der Ausgangsleistung für bestimmte Schaltungs-Topologien)
Der von Beate vorgeschlagene Widerstand macht sehr viel Sinn: er bildet einen Spannungsteiler, der dafür sorgen kann, dass auch im statischen Zustand Ug2 vernünftig tief bleibt.
Da die Tube auch über g2 gesteuert werden kann (auch mit Brumm), macht ein Elko gegen Masse zusätzlich Sinn.
Auch "grid-stoppers" sind eine gute Idee: Strahlformer-Röhren (ja, es gibt solche Ausführungen auch bei EL84!) sind, gemäss alten Herstellerpublikationen, schwingfreundlicher, als ihre "ungeformten" Artgenossen.
so, es ist genug...!
Grüss Euch
Sigi
--
_peter:
Hallo,
kannst du Quellen zu deinem Punkt nennen, das Steuergitter sei isoliert (außer durch das Vakuum der Röhre)? Das habe ich noch nie gehört und würde mich interessieren.
Ansonsten denke ich, die Tatsache, dass die Kaltspannungswerte so hoch sind, zeigt doch eigentlich schon, dass gerade nicht ein Überschlag das Problem ist, sondern eine Überlastung.
Ich würde sogar behaupten, dass die Angaben über die maximale Schirmgitterspannung im Betrieb einfach aus der maximalen Verlustleistung und den für die Röhre typischen Strömen und Spannungen errechnet werden - also keine absoluten Grenzwerte sind, die mit der Isolation zu den anderen Elektroden zu tun haben.
Gruß, Peter
RöhrenSigi:
hallo Peter
Nein, ich meine natürlich nicht Isolation durch anderes Material, sondern durch das Vakuum als Isolator.
Da aber Ladungsträger herumschwirren, ist die Gefahr eines Überschlages (eigentlich immer) gegeben.
Aber wie ich schrieb: die Röhre soll ja heiss sein, damit Ladungsträger "fliegen". Damit sinkt die Isolationsfestigkeit (deswegen die beiden unterschiedlichen Werte für warm/kalt).
Und selbstverständlich ist es richtig, dass das Schirmgitter im Betieb überlastet werden kann, keine Frage.
Es stimmt eben beides:
- die Grenzwerte aus den thermisch Bedingungen (Verlustleistungen)
- die Grenzwerte gegeben durch die Isolationsfestigkeit, wie z.B. die maximale Spannung zwischen Kathode und Heizung.
Grüsse
Sigi
Toubey:
Hallo zusammen,
erstmal danke an Dirk für die Messungen, ich hab die versucht die Schirmgitterströme- und -leistungen in meinem Projekt simulativ zu verstehen, mich dabei aber immer gefragt wie viel das wohl mit der Realität zu tun hat. Aber mit den Messergebnissen bin ich da zuversichtlicher :D.
Zum 1987 Thema: kann es da wirklich zu Zuständen kommen bei denen die Maximalwerte für Ug2 erreicht werden? Ich hab bei drtube.com einen Schaltplan gefunden in dem Spannungen vermerkt sind, und der gibt eine Ruhespannung von 365V am Schirmgitterabgriff an. Da deren Last nicht induktiv ist sollte das in keinem Betriebszustand übertreten werden, oder verstehe ich da was falsch? Interessanterweise sind dort auch separate 1k Schirmgitterwiderstände mit eingezeichnet, evtl hat Marshall die später dann doch verbaut da zu viele EL34 gestorben sind :D.
Solange die Spannungen an den Schirmgittern unkritisch sind würde ich den Spannungsteiler eher nicht favorisieren, da sich das Verhalten der Röhre dadurch dann doch im Kleinsignalbereich verändert, da die Kennlinien bei geringerem Ug2 "flacher" verlaufen. Durch Widerstände direkt an den Schirmgittern bricht dort nur die Spannung ein wenn viel Schirmgitterstrom fließt, also das Gitter akut geschützt werden muss. Da vermute ich auch den Ursprung der von Bruno beobachteten Leistungsreduktion nur bei Übersteuerung. Dagegen hilft meines Erachtens nach dann auch keine andere Ansteuerung von g1, der maximale Anodenstrom, der bei Ug1=0V fließen kann wird durch eine geringere Ug2 reduziert.
Die Version mit einem gemeinsamen Schirmgitterwiderstand (ohne bypass-C) einer PP-Endstufe behagt mir daher auch nicht so ganz, der Schirmgitterstrom einer Röhre beeinflusst dabei über das gemeinsame Ug2 das Verhalten der anderen. Bei Übersteuerung sollte diese dann zwar schon im Cut-Off sein, sodass es nicht viel ausmacht, aber technisch elegant finde ich das nicht gerade.
viele Grüße,
Tobi
tubeampgrufti:
Guten Silvestermorgen allerseits!
Wie versprochen nun die Erfahrung mit dem nachgerüsteten 1k-Widerling für die beiden g2. Der so modifizierte Amp hat nun etliche Betriebsstunden hinter sich, viele Bandproben, mehrere Gigs im November/Dezember und er lebt noch. Vorher ist der Amp praktisch schon nach jedem Einsatz wieder mit ausgelöster HT-Sicherung und/oder abgerauchten EL34 in die Werkstatt gekommen. Der Musiker (Gitarrenlehrer und Leadgitarrist in mehreren Rockbands) beurteilt den Sound als "satter, cremiger und in der Sättigung weniger kreischend". Aus diesser Erfahrung werde ich den so ausgeführten Mod in Zukunft beibehalten, er scheint sich zu bewähren.
:danke: allen, die sich dem Thema angenommen haben, für die Tipps und auch die Bedenken. Immer interessant zu lesen und auch immer wieder dazu zu lernen!
Einen frohen Silvester und einen guten Start ins 2019 wünscht euch
Bruno :bier:
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