Hallo Forum!
Anlässlich einer Gelegenheit, in den Besitz o. g. Verstärkers zu gelangen, habe ich kürzlich begonnen, mein Interesse an der (Röhren-) Verstärkertechnik zu vertiefen. Viele Fragen tun sich mir da auf – es mangelt mir eben (noch) an dem Verständnis der Sache. Zweck des Unterfangens ist, einen gut klingenden Verstärker zu haben, und (idealiter) zu begreifen, warum er gut klingt. – Ich muss mich bemühen, und werde versuchen, etwas Ordnung in den Wust von Unklarheiten zu bringen.
Es handelt sich also um einen Klemt Echolette M40, und zwar die frei verdrahtete Version mit Klinkenbuchsen (wohl 1963). Im Zustand, wie ich ihn erhalten habe – augenscheinlich der Werkszustand –, entsprach der Verstärker dem Schaltplan, den ich unten anhänge und auf den ich mich im Folgenden beziehe; mit (abgesehen von den Klinken- statt DIN-Eingängen und Ersatz-Standardwerten: 47k statt 50k usw.) folgenden Abweichungen:
– statt den Gleichrichterröhren Halbleiterdioden, angelötet auf den Unterseiten der beiden Sockel
– R23: 1M statt 200k
– R44: 33k statt 16k
– R90: 33k statt 10k
Die ersten drei Abweichungen spielen kaum eine Rolle, letztere aber wundert mich. Von Fotos weiß ich, dass mein Exemplar nicht das einzige mit 33k an der Stelle ist, die Abweichung vom älteren Schaltplan scheint Absicht des Herstellers zu sein. Jedoch ändert sich dadurch völlig der Ruhestrom und die Spannungen quasi überall. Mit 33k hatte ich eine B+-Spannung von 390 V (mit dem Spannungswahlschalter auf 220 V – da habe ich ziemlich genau 6,3 V Heizspannung), wo die originalen Kannenelkos doch nur bis 350 V spezifiziert sind; der Ruhestrom betrug pro Röhre etwa 7 mA. Mir kamen die Werte komisch vor, sodass ich R90 durch 4,7k + 25k-Trimmpotentiometer ersetzt habe. Mein Grund dafür war die prominente ‚70-%-Regel‘ hinsichtlich der Verslustleistung, die freilich vom AB-Betrieb ausgeht. Mittlerweile denk ich mir, dass Klemt offenbar mit meiner Version des Geräts vom AB- zum B-Betrieb übergegangen ist. Im Moment ist der Widerstand irgendwo bei 7–9k eingestellt, sodass sich um die 60–70 % Verlustleistung ergeben (die alten Siemens-Röhren, die drin waren und immer noch sind, sind nicht gematcht; jede Seite kommt aber addiert etwa auf den gleichen Ruhestrom von 44 mA, wovon laut
Datenblatt 1/9 über die Schirmgitter fließt).
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Frage hierzu: Verstehe ich das richtig, dass der Wechsel von den 10k im alten Plan auf 33k einen Wechsel vom AB- zum B-Betrieb bedeutet? Wie kommt der Hersteller darauf – mehr Effizienz, mehr Leistung? Welches Bias ist hier empfehlenswert? (Ich hatte leider noch keine Gelegenheit zu einem anständigen Hörtest!)
Die zweite große Fragenabteilung betrifft das Rauschen. Ich bin mittlerweile einigermaßen überzeugt, dass es nicht an einer Fehlfunktion liegt, wenn man den Amp aufdreht und einen dermaßenen Rausch bekommt, dass man Angst kriegt. Tatsächlich ist der Rauschabstand gar nicht so furchtbar schlimm, wenn man aufdreht und mit einem Mikro aufnimmt – das klingt in Sachen Rauschen ganz passabel. Dennoch, es ist deutlich mehr als z. B. bei einem alten Fender dieser Leistungsklasse. Dass das aber kaum anders sein kann, merkt man, wenn man mal dem Signal nachsteigt. Ein 0,1-V-Sinuston wird in Rö.1 auf 2 V verstärkt. Dann kommt die Kanal-Klangregelung und Kanal-Lautstärke; am Eingang von Rö.3 kommen bei offenem Lautstärke-Potentiometer an: 0,2 V – also kaum was gewonnen. Rö.3 verstärkt die 0,2 V wieder auf 2,8 V, welche Rö.4 auf 53 V bringt, damit das Master-Klang- und Lautstärkesystem das Signal wieder auf 2,6 V zusammenkürzen kann (alle Regler offen). Die zweite Triode von Rö.4 übergibt der Phasenumkehrstufe 25 V.
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Frage: Wenn man den Verstärker in erster Linie nicht als Mischverstärker verwendet, sondern nur eine Gitarre dranhängt, müsste doch an dem Rauschen einiges zu verbessern sein? Mal vorn angefangen, schon 33k statt 100k Eingangswiderstand (wie bei Fendern, wenn man nur Input 1 benutzt) müsste doch den Rauschabstand verbessern? Außerdem, ebenfalls wie bei Fendern, 100k-Anodenwiderstände im Vorverstärker, dafür dann besonders bei Rö.4 die Widerstände verkleinern? Könnte man nicht auch die Kanal-Klangregelung überbrücken und so etliche dB retten – oder geht da das meiste über die Lautstärkeregelung drauf? Solche Eingriffe in die Verstärkungskette würden wahrscheinlich den Ausgang fürs Bandecho und den Tonbandanschluss unbrauchbar machen, oder? Dann könnte man Rö.3 wohl auch gleich ganz aus dem Verkehr ziehen …
Damit zusammenhängend die nächste große Frage, das Zerrverhalten. Überhaupt zerrt der Verstärker sehr früh, wenig Headroom. Bei kräftig angeschlagenen Akkorden klingt das ganz nett, wenn mans mag – marshallig breiig. Einzelne Saitenanschläge aber zerren nicht so schön, eher kratzig-krächzig. Ist das normal? In einem uralten Thread hier im Forum gibt es einen Bericht über unerwünschte Verzerrung, leider ohne Lösung. Wenn man nochmal dem Signal nachgeht, dann sieht es so aus, als ob es am Eingang des Phasenumkehrers bei offenen Reglern einigermaßen schön verzerrt ankommt. Hinter der Phasenumkehr aber sieht man bereits bei Master-Lautstärke 2–3 deutliches Clipping – am Lastwiderstand beobachtet hat man dann ohne ganz aufzudrehen schnell nur noch Rechtecke auf dem Oszilloskop. (Apropos: Ist es normal, dass der Ausgangsübertrager höchstselbst deutlich hörbar schwingt, also selbst z. B. den eingespeisten Sinuston zu Gehör bringt?)
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Frage: Kann es sein, dass hier eine wirklich ungute Übersteuerung einer Stufe stattfindet? Mir kommt vor allem die Phasenumkehr komisch vor. Die beiden Trioden bringen übrigens auch sehr unterschiedliche Pegel hervor: die invertierende 35 V, die nichtinvertierende nur 21 V. Das sollte nicht so sein, oder? (Mit einer ECC83 neuer Produktion ist es besser, aber immer noch deutlich ungleich.) Sind letztgenannte Pegel in einer sinnvollen Größenordnung für die An-/Aussteuerung der Endstufe? Die Endstufengitter liegen auf –13 V.
Noch kurz zur Info, was ich bisher an dem Verstärker gemacht habe:
– Gleichrichterdioden abgelötet, stattdessen EZ81 rein
– alle außer den Eingangs- (wofür sind die überhaupt gut?) und Ton-Kondensatoren getauscht
– Schirmgitterwiderstände getauscht: einer war abgeraucht (danke Bea für den Hinweis, auf den man schnell beim Googeln stößt)
– besagtes Trimpotentiometer + 4,7k anstelle von R90 fürs Bias
– Regler und Kontakte gereinigt
Wer immer sich auch nur einer meiner tausend Fragen annehmen möchte: Vielen Dank im Voraus!