Hallo zusammen,
mich treibt was um, und zwar folgendes:
Drauf gestoßen wurde ich, nachdem
hier über einen Blues Deluxe berichtet wurde, dem ein zusätzlicher Master Volume - Regler spendiert wurde.
Viele User beklagen beim Blues Deluxe und insbesondere des RI die "Pinzettenempfindlichkeit" des Volumereglers des Clean-Kanales. Es gibt einige Ideen, an der Vorstufe einzugreifen, um den Volumeregler etwas unempfindlicher zu machen. Auch ich schrieb darüber - z.B.
hier.
Aber eigentlich... Der Denkanstoß kam im obengenannten Thread. Denn damit kamen die Überlegungen und somit die Idee:
- warum unten auf dem Chassis und damit relativ unzugänglich einen auch noch zusätzlichen Regler einbauen, wenn bereits obendrauf ein MVR vorhanden ist?
- warum an der Schaltung der Vorstufe rummachen, um sie zu bremsen, wenn man dann einfach den vorhandenen MVR zum Runterregeln nutzen kann?
- warum hat Fender so eine vom Pegeldiagramm ungünstige Anordnung des Volumereglers geschaffen
und überhaupt:
- warum hat Fender den sowieso vorhandenen MVR nicht auch für den Cleankanal nutzbar realisiert, sondern nur für den Drivekanal???
Schaut man sich das Prinzip des im obigen Thread verbauten MVR an, so ist klar: Es handelt sich offenbar um einen Post PIMV. Der ist als Tandempoti hinter dem PI geschaltet. Somit geht die volle Verstärkung des PI klangbeeinflussend in die Regelung mit ein.
Kein Problem, kann man selbstverständlich so machen. Oder man entfernt den Regler oben und baut stattdessen ein Tandenpoti ein. Der Bauteileaufwand für so eine Nach- bzw. Umrüstung ist überschaubar: Man benötigt ein Tandempoti, zwei Widerstände, zwei Kondensatoren und etwas Kabel.
Ob so ein PPIMV angesichts der heftigen Gesamtlautstärke des Amps und klanglich sinnvoll ist, steht allerdings auf einen anderen Blatt. Denn es kann durchaus auch passieren, dass die Gegenkopplung von der Endstufe zurück zum PI in diese Schaltung mit einwirkt, so dass das Resultat durchaus auch klangliche ungewollte Veränderungen mit sich bringen kann.
Geht es auch einfacher? Und hier kommt der Punkt, den ich nicht begreife. Da werden Plugin-Module angeboten, da werden die zusätzlichen Regler unten verbaut - aber offenbar kommt niemand auf die einfachste Idee, nämlich den vorhandenen MVR auch für den Clean-Kanal zu nutzen? Vorteil: Der Regler ist bereits montiert, keine aufwändigen oder unpraktischen Umbauten. Und vor allem: Man entschärft den "pinzettigen" Clean-Kanal! Warum macht das der Hersteller nicht? Hat das Gründe, die das unmöglich machen?
Kurzes Abschweifen: Schaut man sich einmal das Bedienpanel und die Beschaltung des Blues Junior an, so findet man ebenfalls einen MVR. Siehe Schaltung im Anhang.
Das von C8 kommende Signal wird an R18 aufgesplittet. Ein Teil geht zum Reverbamp + Aufholverstärker, der Dry-Teil wird über R18 weitergereicht. Nach R18 geht es in den MVR. Dieser ist nun kein Post PIMV, sondern ein Pre PIMV. Der Schaltungsaufwand ist sehr gering: ein normales Poti und ggf. noch ein Kondensator - fertig. Die Verzerrungen, die ein Long-Tail-PI liefert, gehen hier nicht mit in den Gesamtsound ein. Werden Verzerrungen nun nicht in einer der Vorstufen des Amps generiert, so klingt dann so ein Amp eben nicht ganz so ruppig. Schlimm? Kommt drauf an! Im Blues Junior wurde das so realisiert und mir jedenfalls gefällt meine kleine Kiste, die ich habe (der BJ Lacquered Tweed), im Klang und der MVR ist in seiner Anwendung dort ungemein praktisch.
Warum das also nicht einfach genauso für den Clean-Kanal im Blues Deluxe realisieren?
Der Schaltungsauszug des Blues Deluxe RI ist im Anhang.
Ist der Amp auf Clean geschaltet, so wird das Signal über R18 an das Relais K2 gelegt. Dessen Kontakte 4 und 6 (NC) sind geschaltet. Von dort geht es in die Send- und Returnbuchsen, gesplittet in den Reverbamp + Nachbrenner. Von dort (Reverb) und direkt von der Power-Amp-In-Buchse (Dry) geht es nach unten in den PI. Das Signal liegt zwar über R19 auch am MVR an, jedoch ist dessen Schleifer über die offenen Kontakte 4 und 8 (NO) an K2 nicht eingeschaltet und somit ist R26 als Regler wirkungslos. Im Clean-Kanal dient er zusammen mit dem in Reihe geschalteten R19 nur als eine Art Spannungsteilerwiderstand nach Masse.
Der MVR wird als Regler erst im Drive-Modus aktiviert, wenn K2 anzieht und somit der Schleifer des MVR über 4 und 8 (NO) wirksam wird. Jetzt wird das von R19 kommende Signal weitergeführt, wie oben beschrieben.
Was zu tun ist, habe ich ins Bild eingezeichnet:
1. der Signalpfad an R18 ist aufzutrennen
2. die beiden Relaiskontakte 4 und 8 (NO) sind zu überbrücken.
Und schon ist der MVR auch für den Cleankanal aktiv.
Statt R18 mit seinen 130 KOhm wirkt nun R19 mit seinen 100 KOhm. Das sind jetzt zwar 30 KOhm weniger, dürfte aber nichts machen. Im Gegenteil: man hat etwas mehr Signalpegel übrig und das kann man mit dem MVR bequem bedienen.
Jetzt kann ich z.B. auch wieder die Vorstufe in seinen Urzustand zurückversetzen und hätte nicht nur eine bestens funktionierende Regelung, sondern nun ist auch (wie in meinem Fall der an V1B vorher abgeknipste und jetzt wieder angelötete Kathodenelko C56) der Kanal 2 wieder richtig aktiv, da nun die volle Stufenverstärkung an V1 wirken kann. Das ist 2,3x mehr als vorher (jetzt wieder mit einem Verstärkungsfaktor von rund 455 statt vorher von ca. 198), was insgesamt den Amp wieder etwas "spritziger" macht.
Das Service-Manual des Blues Deluxe RI gibt Auskunft zum Relais. Beschaltung siehe Anhang.
Warum zum Geier macht das der Hersteller nicht so? Eigentlich ist das doch eine ganz einfache Geschichte. OK, es ist kein Post PIMV, einverstanden. Aber im Blues Junior ist es auch als Pre PIMV realisiert, wie geschrieben, und es ist letztendlich doch eine Frage der oben beschriebenen Anwendungsmöglichkeit, um die m.E.n. der Blues Deluxe erweitert wird?
Was meint Ihr dazu? Habe ich irgendwo einen Denkfehler?
Gruß Michael