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Leitfaden Inbetriebnahme

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Offline golfbravo

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Leitfaden Inbetriebnahme
« am: 21.06.2021 12:19 »
Hallo Zusammen,

ich bin neu hier im Forum, daher entschuldigt wenn mir nicht alle Regeln geläufig sind.

Ich habe vor einiger Zeit ein gescheitertes "Wild13"-Projekt aus der Bucht gefischt und von Grund auf neu aufgebaut. Dabei habe ich auch die alte Bestückungsplatine mit dem neuen "Wild13"-PCB ersetzt. Jetzt ist alles fertig zum Einschalten. Da dies mein erster Kontakt mit einem Röhrenverstärker ist möchte ich natürlich sichergehen, dass ich nicht irgendwo einen Bug eingelötet habe.
Daher meine Frage: wie teste ich mein Projekt? Mit oder ohne Röhren? Mit Last oder ohne? Welche Reglerstellung? Nur die Spannungen die im Schaltplan angegeben sind?
Kurz gesagt, gibt es irgendwo einen Leitfaden hier im Forum oder im Internet an dem ich mich entlang hangeln kann?
Ein CATIII Multimeter ist vorhanden, leider kein Trenntrafo und kein Oszilloskop mit entsprechenden Vorteiler. Aber ich glaube, das reicht für den Anfang, da ich nur das statische Verhalten des Amps prüfen möchte.

Ich habe schon einige Stunden gegoogelt und auch hier gesucht, aber vielleicht die falschen Suchbegriffe verwendet.

Gruß Gerrit

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Offline iefes

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #1 am: 21.06.2021 13:27 »
Hallo Gerrit,

generell muss an der Stelle erstmal gesagt sein, dass die Arbeit an einem Röhrenverstärker potentiell lebensgefährlich ist und man das daher nur angehen sollte, wenn man ganz genau weiß, was man tut. (!!!) Daher ist das Folgende nur als Hinweis und nicht als Anleitung zu verstehen. Daher erfolgt die Durchführung natürlich AUF EIGENE GEFAHR!

Ganz wichtig ist, sicherzustellen, dass der Schutzleiter richtig angeschlossen ist (Widerstand prüfen!) damit im Falle eines Fehlers, keine Spannung auf dem Chassis anliegt. Außerdem kann ein Strombegrenzer in Form einer 100W Birne (Google hilft) sinnvoll sein.

Ich gehe dann beim ersten Einschalten in etwa so vor:
Komplett ohne Röhren: Alle Spannung an den Sockeln messen und nachvollziehen. Anodenspannungen sind ohne Röhren natürlich deutlich höher, da kein Strom gezogen wird. Heizungsspannung prüfen (AC). Wenn einstellbare Bias-Spannung, diese direkt am Sockel der Endröhren prüfen.
Mit Vorstufenröhren: Wieder Spannungen prüfen, schauen, ob alle Röhren glühen etc.
Mit Vorstufenröhren und Endstufenröhren: Unbedingt eine Last an den Speaker Out anschließen, ich nutze hierfür meist einen 8Ohm 150W Widerstand im Alu-Gehäuse. Wieder die Spannungen prüfen. Zu allererst mal schauen, dass die Biasspannung grob passt und dann kann man den Bias einstellen (wenn nicht Auto-Bias). Die Anodenbleche der Endstufenröhren beobachten, die sollen nicht zu glühen beginnen. Strom durch die Endstufenröhren messen (Spannungsabfall über Kathodenwiderstand bzw. Spannungsabfall über Messwiderstand bei fixed Bias).

Die Position der Regler ist für die statische Prüfung erstmal nicht so relevant. Ich würde tendenziell die Tone-Stack Regler auf Mittelstellung die Lautstärke- bzw. Gain-Regler auf 0 stellen.

Dies ist natürlich nur MEIN Vorgehen beim ersten Einschalten und ist keinesfalls idiotensicher. Generell solltest du nur einschalten, wenn du dir aller Gefahren und Risiken 100% bewusst bist und deinem Aufbau auch zu 100%  vertraust. Ich übernehme hier natürlich keine Verantwortung wenn irgendwas schief geht.

Viele Grüße!

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Offline Stone

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #2 am: 21.06.2021 13:38 »
Hallo

<klugscheissermodus>

Vor erfolgter eingehender Sichtkontrolle kein Funktionstest ... heißt anhand Schaltplan Verbindungen und Werte kontrollieren, allg. Aufbau kontrollieren, etc. pp.

</klugscheissermodus>

Gruß, Stone

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Offline golfbravo

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #3 am: 21.06.2021 16:34 »
Erstmal danke für Eure Antworten.

Ich bin Elektro(nik)-Ingenieur und glaubt mir, über 24V hört bei mir alle Freundschaft auf, dann wird es wirklich ernst.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass es hier um Spannungen jenseits der 230V geht und daher auch meine Frage nach einem planvollen Vorgehen bei der Inbetriebnahme.

Für weitere Anregungen bin ich dankbar.

Gruß
Gerrit

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Offline Stahlröhre

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #4 am: 22.06.2021 17:03 »
Hallo,

mein persönliches Vorgehen schaut wie folgt aus:

1. Nochmal komplette Sichtprüfung.
2. Alle Röhren in die Fassungen stecken, Oszilloskop und 8Ohm Widerstand am Lautsprecherausgang anschließen. Alle Regler auf Null.
Der Netzstecker kommt in den Trennstelltrafo.
3. Netzschalter auf Ein, Standby bleibt auf Aus, sodass die Anodenspannung ausgeschaltet bleibt.
4. Am Trennstelltrafo langsam ab 0V hochdrehen, dabei beobachte ich die Spannung und insbesondere die Stromaufnahme des Verstärkers.
5. Bei ungefähr halber Netzspannung checke ich dann mit meinem Multimeter zunächst die Heizung, negative Gittervorspannung und die Primärseite der Anodenspannung auf plausible Werte. Die Gittervorspannung drehe ich am Poti ganz auf.
6. Den Stelltrafo wieder auf 0V drehen, Standby an und wieder langsam Hochfahren. Beim Hochfahren messe ich die Anodenspannung.
7. Wenn alles ok ist drehe ich auf volle 230V hoch.

8. Dann überprüfe ich folgende Spannungen in dieser Reihenfolge:
Anode-Endröhren, G1-Endröhren, G2-Endröhren. Anode-Vorstufenröhren, Kathode-Vorstufenröhren, Gitter- Vorstufenröhren.
Alle Siebglieder der Hochspannung. Heizung.
9. Kathodenstrom der Endröhren messen und Bias einstellen.
10. Mittels Signalgenerator Sinus 1kHz auf Eingang geben (wenn möglich erstmal über Loopreturn) und Ausgangssignal auf Oszi begutachten.
11. Dann messe ich die maximale Ausgangsleistung und schaue ob Presence und Depth reagieren.
12. 100Hz Rechtecksignal auf Eingang geben und Klangregler überprüfen.
13. Spieltest mit Gitarre und Box.

Wenn man keinen Stelltrafo besitzt kann man sich alternativ mit einer 100W Glühbirne behelfen die man seriell in die Versorgungsleitung des Verstärkers einschleift. Diese wirkt Strombegrenzend. Sollte auf der Primärseite ein Kurzschluss auftreten leuchtet die Glühbirne hell auf und verhindert weitere schwerere Schäden.
Ich würde dir aber empfehlen zu schauen, ob du einen Trennstelltrafo über die Bucht ergattern kannst.

Beim Messen am Eingeschalteten Gerät bitte nur mit einer Hand arbeiten und die andere in die Hosentasche zu stecken, so verhinderst du schon mal einen direkten Stromfluss am Herzen entlang.

Am Besten schaust du dir diesen Thread mal an: https://www.tube-town.de/ttforum/index.php/topic,1395.0.html
Gruß,
Max

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Offline darkbluemurder

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #5 am: 25.06.2021 20:35 »
Hallo,

ich gehe in mehreren Schritten vor.

1. Vor Inbetriebnahme: Abgleich mit dem Schaltplan
- Prüfen aller Masseverbindungen
- Prüfen des Signalwegs auf Durchgang (Achtung: bei Koppel-Kondensatoren kann man keine Widerstände messen) und auf den richtigen Wert zur Masse
- Prüfen der Widerstandswerte zu den Anoden
- Prüfen der Widerstände in der Versorgungsspannung
- Prüfen des Bias-Schaltkreises (bei Amps mit "fixed bias")
- Prüfen des Netzteils
2. Inbetriebnahme ohne Röhren
- Messen aller Spannungen (ist bereits beschrieben worden)
3. Inbetriebnahme mit Röhren
- wie vorher

Wichtig ist, dass man sich für diese Schritte Zeit nimmt und nichts übers Knie bricht.

Viele Grüße
Stephan
Bauten
Chieftain, HoSo56, Cleartone, Dirty Shirley, CJ 11, Junior Chief, Peggy 40

Conversions
Marshall 1959 SLP RI zu Minimalist HRM, Fender Bassman zu Mark Overdrive Special, Marshall 100W JMP zu Fat BE100, Marshall JTM 45 Reissue zu Dirty Daisy; Guyatone Bassman zu Basstonemaster

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Offline golfbravo

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #6 am: 27.06.2021 14:28 »
Hallo,

erst einmal Danke für Eure Infos und Tips.

Zu allererst werde ich Stephans Rat befolgen sich Zeit zu lassen, und eine ordentliche Messumgebung (Stronbegrenzung usw.) aufbauen.

Gemessen habe ich aber schon Chassis -> Erde Einbau-Kaltgerätestecker = 0,1 Ohm, -> Phase/Null = unendlich.

Als Anhang ein Bild vom Aufbau.

Gruß
Gerrit

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Offline darkbluemurder

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #7 am: 28.06.2021 19:28 »
Ich würde die Leitung zu V3/7 von der Leitung V2/1 wegbewegen - am besten etwas unter die Platine biegen oder auf der anderen Seite an der Schraube vorbei. Vielleicht bringt es nichts, aber schaden tut es bestimmt nicht.

Was macht eigentlich die zweite Sektion des Doppelpotis - ist das der Master? EDIT - habe gesehen, es ist ein Wild 13 - ich schaue mir mal den Schaltplan an.  EDIT No. 2: habe es gemacht, kamen aber keine neuen Erkenntnisse.

Viel Glück
Stephan
« Letzte Änderung: 28.06.2021 19:33 von darkbluemurder »
Bauten
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Conversions
Marshall 1959 SLP RI zu Minimalist HRM, Fender Bassman zu Mark Overdrive Special, Marshall 100W JMP zu Fat BE100, Marshall JTM 45 Reissue zu Dirty Daisy; Guyatone Bassman zu Basstonemaster

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Offline cca88

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #8 am: 28.06.2021 20:37 »
Hallo,

erst einmal Danke für Eure Infos und Tips.

Zu allererst werde ich Stephans Rat befolgen sich Zeit zu lassen, und eine ordentliche Messumgebung (Stronbegrenzung usw.) aufbauen.

Gemessen habe ich aber schon Chassis -> Erde Einbau-Kaltgerätestecker = 0,1 Ohm, -> Phase/Null = unendlich.

Als Anhang ein Bild vom Aufbau.

Gruß
Gerrit

Hallo Gerrit,
mit was misst Du denn die 0,1 Ohm??
Hast Du tatsächlich ein Milliohmmeter, oder sogar einen "echten" Tester?

Grüße
Jochen

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Offline golfbravo

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Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #9 am: 3.07.2021 12:35 »
Hallo,

@Stephan: ich werde die Leitung zu V3/7 etwas kürzen und optimaler legen. Danke für den Tip. Es gibt 2 Doppelpotis, 1x Gain, 1x Volume.

@Jochen: die 0,1 Ohm werden für mein Multimeter (UNIT-T UT139C) der kleinste darstellbare Widerstand sein. Echte 0 Ohm kann es nicht sein, da Alu (Chassis) ein schlechter Leiter ist, die Messkabel einen Innenwiderstand haben, und es zahlreiche Übergangswiderstände gibt. Beider Messung pegelt sich der Wert von Anfangs 0,4 Ohm auf 0,1 Ohm ein, exakt müsste man sagen >= 0,1 Ohm.

Gruß
Gerrit

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Offline Nigel

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  • "In electronics nothing gets obsolete."
Re: Leitfaden Inbetriebnahme
« Antwort #10 am: 5.07.2021 15:34 »
Moin!

Ich hab auch noch einen Tip :police::

Bei Amps mit Gleichrichterröhre muss man aufpassen, dass die Spannung im Leerlauf ohne weitere Röhren nicht zu hoch wird und immer darauf achten, dass mindestens 10min zwischen dem Aus- und erneuten Einschalten liegen sollte. Das mögen Gleichrichterröhren gar nicht. Ich löte mir immer kurzerhand 2 Dioden in den Gleichrichtersockel und starte den Amp ganz ohne Röhren. Natürlich sind die Werte für die Anodenspannung viel zu hoch, aber zum Messen, ob alles i.O. ist ausreichend.


Ansonsten gilt: nicht entmutigen lassen und die eigenen Messungen stets in Frage stellen.

Viel Spaß,

Grüße

Nigel