Impressum | Datenschutz | Shop | DIY | TT @ Twitter | TT-Cabs
Anzeigen der neuesten Beiträge

PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung

  • 6 Antworten
  • 2117 Aufrufe

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung
« am: 13.07.2023 10:04 »
Guten Tag zusammen,

ich habe einen PP Gitarrenverstärker gebaut mit den 6V6-Röhren in der Endstufe. In der Vorstufe nutze ich 1xECC83, 1x12AY7 und 1x ECC81. Den Schaltplan habe ich angehangen.
Mein Ziel ist es, einen für mich schönen, stark verzerrten Gitarrensound zu bekommen. Also habe ich das Ding aufgebaut, mich an verschiedenen Quellen (Blencowe und Lemme) orientiert und ein bisschen meinen eigenen Senf dazu gegeben.
Nun funktioniert das Teil zwar, aber ich bin mit der Klangregelung nicht wirklich zufrieden. Was ich bisher beobachtet habe:
  • Der Gainregler macht sich nur minimal bemerkbar.
  • Der Mittenregler ist spürbar hörbar. Klingt für meinen Geschmack kacke, wenn voll aufgedreht.
  • Der Mittenfrequenzregler ist wenig spürbar und eher für das Feintuning gut. Das nächste Mal baue ich den besser als Trimmpoti in den Verstärker.
  • Die Bässe sind heftig, für tiefe Stimmungen super, es dürfte aber noch etwas weniger sein.
  • Die Höhen sind trotz voll aufgedrehtem Höhenpoti zu gering.
  • Die Verzerrung und der Gesamtklang ändert sich signifikant mit Stellung des Masterpotis: Sobald ich auf ca 30% und mehr aufdrehe, kommen meine Höhen wieder und ich kriege eine satte, angenehme Verzerrung.

Insgesamt ist das zwar ganz nett, aber nicht wirklich brauchbar: Die Tonregler sind entweder zu schwach oder zu stark, die Verzerrung ist nur über den Masterregler brauchbar regelbar und irgendwo in der Vorstufe gehen mir Höhen flöten. Ich möchte daher den Schaltplan einfach mal hier teilen und würde mich über Reaktionen, Tipps zur Verbesserung o.Ä. freuen.

Viele Grüße,
Max

*

Offline Showitevent

  • Geronimo Stade
  • YaBB God
  • *****
  • 1.004
  • Röhrengraf
Re: PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung
« Antwort #1 am: 13.07.2023 11:11 »
Moin,

wo fange ich an, am besten in einzelnen Parts:

1. ) Input
- Der C11 1u ist nicht wirklich notwendig. Hier kannst Du sowas wie 47nF nehmen oder auch ganz weg lassen, sofern Du mit dem Anodenwiderstand auf 100k gehst (viel besser)

2.) V1
- R23 ist relativ klein, damit sinkt der Gain der Stufe massiv. Das kann natürlich gewünscht sein. Vermutlich fährst Du besser, wenn dieser 100K ist.

3.) Gain
- je nach V1 Gain ist es ratsam, nach C9 einen Seriellen Widerstand Richtung Gain Poti zu setzen. Irgendwas in der Größenordnung 330K - 680K
- Gainregler selbst mit 100K ist relativ klein gewählt in diesem Fall, sollte so ab 250K aufwärts sein.
- R22 ist zu groß im Verhältnis zu dem 100K Gain Poti, so wie es jetzt ist, dürfte dort ein Bruchteil, vielleicht 2 K reichen. Wenn Du den Gainregler größer dimensionierst, könnte auch 4.7K ein guter Wert sein, man kann den allerdings auch komplett weg lassen und den Regler direkt gegen GND Setzen.

4.) V2
- Ebenfalls relativ kleiner Anodenwiderstand, auch hier 100k Empfehlung. Es kann allerdings sein, dass jenachdem wo du den Teil wohl her hast, dass sich jemand etwas bei dem Anodenwiderstandswert gedacht hat. Die Beschaltung danach ist mir nur zum Teil klar. Sicherlich soll hier soetwas wie ein Kathodenfolger nachgebildet werden. Warum nicht direkt einen Kathodenfolger aufbauen? Wäre eine weitere Röhre im Spiel - allerdings auch nur notwendig, wenn Du den MidRegler mitten im Preamp belässt.

5.) Mid Reglung
- Du kannst versuchen den R12 größer zu dimensionieren. Bei Passiven Filtern hat das allerdings Auswirkung auf das gesamte System. Mag sein, dass das nicht unbedingt zu dem gewünschten Ergebnis führt.

Wenn ich Dir generell einen Tip geben darf, verzichte auf "Mid Frequency" ich hänge mal eine wunderbar funktionelle Klangregelung an, die in den Framus Amps verbaut ist. Eine echte Alternative zu klassichen Designs.

Es ist auch nicht weiter verwunderlich, dass der MidRegler eine hohe Auswirkung hat, immerhin wirder er niederimpedant getrieben und danach wieder aufgeholt. Da müsste man schauen, ob das überhaupt notwendig ist und, ob es überhaupt sinn macht, den MidRegler innerhalb des eigentlichen Preamps zu haben. Hinter dem MidRegler steht immernoch soviel Signal, dass V3 mitzerren wird. Mag sein, dass das einen netten effekt hat, kann mir aber vorstellen, dass es da dann gerademal einen einzigen Sweetspot gibt.

 Nur beim anschauen des Schaltplans:
- Transistoren raus
- Mid shaping raus
Dann hast Du quasi einen 3 Stufigen Zerrer
- Pre tone shaping über Spannungsteiler zwischen den Stufen und entsprechenden Koppelkondensatoren
- Post Tone Shaping wie im Anhang

Generell kann man sagen
- Größerer Anodenwiderstand = Mehr gain
- Größerer Kathodenwiderstand = weniger Gain
- Kleinerer Koppel C = Weniger Matsch aber auch weniger Bass
- Wenn eine Stufe zuviel Gain hat, ist nicht unbedingt ein kleinerer Anodenwiderstand die Abhilfe. Spannungsteiler zwischen den Stufen ist die sicherere Wahl. Kleinere Anodenwiderstände führen zu mehr Strom in der Röhre, das willst Du eigentlich vermeiden.
Der Trick ist das beste Verhältnis zu finden.


Sind natürlich nur Ideen, also nicht, dass Du denkst ich würde das Design schlecht reden. Ich kann nur erahnen wie es klingt bzw. sich anfühlt. Ohne das selbst getestet zu haben geht der Weg klar mehr richtung klassisches Design.

LG Geronimo
« Letzte Änderung: 13.07.2023 11:15 von Showitevent »

Re: PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung
« Antwort #2 am: 13.07.2023 13:59 »
Hallo Geronimo,

erstmal vielen Dank für Deine ausführliche Antwort und Deine Tipps. Ich merke, dass ich meine Idee am besser erklären muss. Ich versuche mal auf all Deine Punkte einzugehen:

1) Da Hast du recht, der kann weg, tut aber auch nicht weh. Ich stimme Dir aber nach dem Motto "nur einbauen was erforderlich ist" zu.
2) Zu den Anodenwiderständen generell: Ich hab den üblichen 100k Widerstand diesmal extra nicht genommen, weil ich die nächste Röhrenstufe (U2.2) nicht ganz so hart übersteuern wollte. Passt natürlich nicht zu meiner vorigen Aussage, dass ich eine "satte" Verzerrung haben möchte. Hier bin ich mir unschlüssig was mir tonal gefällt. Die Idee war nur, dass ich bei meiner Gitarre gut 1-2V output habe, die ECC83 bei ca. -1,5V Gittervorspannung eingestellt habe und ich mit dem 56k Anodenwiderstand immernoch genug Gain habe, um die nächste Röhre zu übersteuern. Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum ich als zweite Vorstufenröhre die 12AY7 gewählt habe und nicht eine zweite ECC83.
3) Hier ist genau einer meiner Knackpunkte: Ich will, dass ich noch Signal anliegen habe auch wenn ich den Gainpoti komplett runter regle. Daher der 22k-Widerstand zu GND. Weiterhin möchte ich das Rauschen möglichst gering halten und habe versucht, möglichst wenige serielle Widerstände einzubauen. Ergebnis: Rauscht kaum, klingt aber trotzdem scheiße  ;D Aber hier stellt sich die Frage: Warum ist ein serieller Widerstand vor dem Gainregler ratsam? Ich werde die 22k erstmal deutlich reduzieren und dann schauen, wo ich stehe.
4) Die Halbleiterschaltung ist wie Du richtig gesehen hast ein Impedanzwandler, einfach nur um die Klangregelung niederohmig anzusteuern. Diese Schaltung hat sich super bewährt, nimmt kaum Platz ein und ich möchte nur so viele Röhren verbauen, wie absolut nötig.
5) Die Widerstände R12 und R13 sind nur da, um einem möglichen Störgeräusch des Potis entgegenzuwirken. Ansonsten habe ich hier eine klassische Mittenschaltung aus dem Lehrbuch genommen. Vielleicht wäre es wirklich schlauer, den Midregler an eine andere stelle in der Vorstufe zu setzen. Hier hilft wohl nur Try and Error bis man seinen gewünschten Sound erreicht hat. Dein Tipp nehme ich aber gern an, der Midfrequency-Regler, fliegt beim nächsten Aufbau raus!

Ich schau mir Deine Framus-Tonregelung mal an und probier diese mal für mich aus. Und keine Sorge, Du hast nichts schlechtgeredet, ich habe ja extra um Tipps gebeten  :) Also an dieser Stelle erstmal vielen Dank für Deinen Beitrag!

Vielleicht noch eine letzte Frage: Bei anderen Schaltungen sehe ich haufenweise Kondensatoren zwischen den Stufen, lese solche Begriffe wie "anode bypass capacitor" und "bright capacitor". Ich verstehe zwar, dass diese Kondensatoren gewisse Frequenzen durchlassen sollen, aber gibt es da irgendwie einen Anhaltspunkt, wo man die zielgerichtet einbaut?


Viele Grüße,

Max

*

Offline Showitevent

  • Geronimo Stade
  • YaBB God
  • *****
  • 1.004
  • Röhrengraf
Re: PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung
« Antwort #3 am: 13.07.2023 16:11 »
Hallo zurück,

Anode Bypass ist immer dann, wenn Du über den Anodenwiderstand einen Kondensator lötest. Dieser hat meist einen relativ geringen Wert sagen wir bis 1nF und nimmt massiv höhen aus dieser Stufe raus, bzw. limitiert das die Frequenz respons.

An der Kathode ist es genau umgekehrt, wobei die Werte dort deutlich höher sein müssen. Du addierst an der Kathode Verstärkungsfaktor mit einem Cathode Bypass Cap - je höher der wert hier, desto niedriger die Grenzfrequenz.
Man muss beachten, dass man einen Kathodenfolger nicht Bypassen kann!

Vor Bright Cap spricht man immer dann, wenn man den ersten eines aus 2 Widerständen bestehenden Spannungsteiler mit einem Kondensator versieht. Das kann zum Beispiel auch dein Gainpoti sein - wischen Schleifer und Ende. In der Regel findest Du hier 470pF bis 1 nF. Das addiert massiv höhen, weil sie ungehindert den Widerstand umgehen können. Je größer der Kondensator im Wert, desto niedriger die Grenzfrequenz.

Wenn Du vor deinem Gainpoti einen sagen wir 470K Widerstand in reihe hättest, könntest Du diesen mit einem 470pF Kondensator bypassen. Dann hast du mehr Distortion / Gain aus dem Treble Bereich als aus dem Bassbereich.

LG

« Letzte Änderung: 13.07.2023 16:13 von Showitevent »

Re: PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung
« Antwort #4 am: 13.07.2023 17:31 »
Vielen Dank für die Erklärung, jetzt blicke ich da langsam mal durch  :topjob:


Re: PP Amp Design, Probleme mit der Tonregelung
« Antwort #6 am: 14.07.2023 12:58 »
Danke Dir für den Tipp, ich werde den Schaltplan mal unter die Lupe nehmen!  :)