allerseits
Was bleibt an einem wunderschönen Sontagmorgen wie diesem, als sich vor den PC zu setzen und ...
Der Vorstufe zweiter Teil... zu betrachten
. Auch diesmal ohne mathematischen Ballast
sondern Hands-on mit Tipps zum ausprobieren.
Werfen wir also wieder einen Blick in den Schaltplan uns das
Umfeld von V2. Nachdem wir im
ersten Teil der Vorstufenbeschreibung die Signale der beiden Eingänge erfolgreich vereinigt haben, geht es direkt auf's Gitter der V2a. In dieser Triodenstufe wird das Signal über die schon fast als Standard in Fenderamps zu bezeichnende 100K/1K5-25µF-Beschaltung. Von der Anode von V2A geht es gleichspannungsgekoppelt auf V2B, die als klassischer Kathodenfolger beschaltet ist, um das Signal für die den Schock durch die Last der Klangregelung niederohmig aufzubereiten. Soweit ist das alles nichts ungewöhnlich, wäre da nicht ...
... eine
Gegenkopplung über die beiden Stufen von V2, die das niederohmige Ausgangssignal von V2B über einen 5M/220K Spannungsteiler auf das Gitter von V2A zurückführt. Das zähmt diese beiden Stufen und trägt nicht unerheblich zum Sound des Amps bei. Entfernt man die Gegenkopplung verzerrt der Verstärker deutlich früher und man erreicht kaum noch Cleansound bei etwas höheren Lautstärken. Das klingt aber ganz und garnicht schlecht und wer einen rauh klingenden Bluesamp sucht, der eher einen (sehr) ordentlichen Crunch-Sound als den für Fender-Tweedamps typischen angezerrten Cleansound liefert, dem sei das - zumindest testweise - Entfernen des 5M-Widerstandes empfohlen. Country-Picker seien aber gleich gewarnt, der Pro zerrt dann höllisch
.
Aus dem
Kathodenfolger in Anodenbasisschaltung geht es niederohmig in die durchaus sehr effektive
Zweiband-Klangregelung. Der Höhenregler (log A) funktioniert sehr gut und regelt den Höhenanteil sehr schön linear und effektiv. Der Bassregler verhält sich etwas exotischer. Er ist ebenfalls als log-A-Typ ausgelegt, was etwas besser als linear aber auch nicht wirklich optimal ist. Im ersten Zehntel des Regelwegs gibt es keine Bässe, die setzen dann mit einem deutlichen Sprung recht abrupt kurz vor Reglerstellung 1 ein. Danach geht die Höhenanhebung - zumindest subjektiv - recht linear weiter bis etwa Stellung 9. Dreht man dann weiter Richtung 10 steigt der Bassanteil noch etwas weiter aber es kommt - wiederrum recht unvermittelt - zu einem merklichen Treblecut, der kein subjektiver Höreindruck aufgrund des gestiegenen Bassanteils ist, sondern auf die Regelcharakteristik dieser Klangregelung zurückzuführen ist. Trotzdem ist der Effekt nicht uninteressant, denn dreht man jetzt die Höhen weiter rein, entsteht ein fendertypisches Mittenloch, wenn es auch bei etwa 1KHz vielleicht etwas untypisch hoch liegt. Der Sound des Amps macht dann einen Zeitsprung raus aus den späten Vintage-Tweed-50ern in die Blackface-Ära.
Wer die Wirkung der Klangregelung einmal in der Simulation nachvollziehen möchte, kann hierzu auf den Tonestack Calculator von Duncan zurückgreifen. Unter dem Titel "E series" findet man exakt das Pro-Tonestack wieder. Viele Spaß beim Ausprobieren
.
Einflußmöglichkeiten auf den Sound: Natürlich kann man durch Veränderung des Wertes praktisch jeden Bauteils Einfluß auf den Ampsound nehmen. Mein Ziel war es jedoch immer den Grundcharakter des Amps, so wie er von den Fender-Entwicklern damals geplant war, zu erhalten. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die Verwendung von Kohlepresswiderständen, auf die schon im ersten Teil der Vorstufenbeschreibung eingegangen wurde. Auf einen anderen Punkt wurde ich aufmerksam, als ich Bestückungsfehler beim C8 entdeckte. Dort war statt 250pF ein 500pF Silver Mica eingelötet. Erstaunlich war für mich zunächst, dass der Ersatz des 500pF durch den originalen Wert 250pF praktisch keine hörbare Änderung brachte. Testweise habe ich eine Umschaltung des Wertes eingebaut, die das bestätigte. Diesen Höreindruck kann man recht gut mit dem Tonestack Calculator bestätigen. Nur in den Extremstellungen der Regler sind signifikante Abweichungen in der Filterwirkung zu erkennen. Eine gute Gelegenheit also die Auswirkung verschiedener Kondensator-Technologien an dieser Stelle zu untersuchen, da der absolute Wert des Kondensators keinen nennenswerten Einfluß auf den Klang hat. Toleranzen der Kondensatoren können also weitgehend vernachlässigt werden. Getestet habe ich mit:
- Silver Mica 250pF
- Moderner Vielschicht-Keramikkondensator 220pF CK05BX (X7R Low ESR-Typ)
- ältere Keramikperle 220pF
- uralte Keramikscheibe 220pF
Ich will jetzt garnicht zu sehr auf die verschiedenen Unterschiede im Detail eingehen, sondern all denen, die solch einen Amp nachbauen möchten, empfehlen, an der Stelle zu experimentieren. Nur soviel: Tendenziell ist der Silver Mica der "beste" Kondensator, sehr neutral im Klangbild und mit reichlich Höhen - entspricht dem Ruf dieser Kondensatoren. Der Vielschichtkondenstor ist ähnlich, wenn auch etwas weicher und seidiger in den Höhen. Mit der Perle betreten wir Vintagesoundgefilde, es wird rauher und sehr erdig, aber immer noch mit schönen (im positiven Sinne) etwas schmierigen Höhen, wenn auch weniger, als bei den beiden ersten Typen. Noch extremer hier die Scheibe, die allerdings schon in irgendeiner Schaltung ihren Dienst tat, möglicherweise also technisch nicht mehr ganz in Ordnung ist. Bei mir bleibt jedenfalls die Perle im Amp. Auf alle Fälle hat die beim C8 verwendete Kondensatortechnologie eine Schlüsselfunktion auf den Sound des Amps - probieren lohnt sich.
Das war's nun zur Vorstufe. Im nächsten Teil betrachten wir die Phasenumkehr mit dem "großen" Gegenkopplungszweig und die Endstufe.
Grüße,
Joachim