Hallo, Christian,
zu Deiner Beruhigung, ich habe nicht den Eindruck, dass Du der Sache nicht gewachsen ist. Du hast Dir doch einiges an sinnvollen Gedanken um den Amp gemacht und stellst meiner Meinung nach die richtigen Fragen (die sicher zumindest nicht alle mit einer banalen Formelsammlung zu beantworten sind). Da habe ich hier im Forum wirklich schon ganz anderes erlebt. Und warum sollte ein Princeton kein guter Einsteigeramp sein? Einfacher geht's kaum und auch ein TT66-Bausatz ist nichts anderes: man hat einen Schaltplan, ein Layout und Bauteile. Der Lerneffekt ist jedenfalls größer, als nach einer Schritt-für-Schritt-Anleitung Teile zusammenzusetzen, die aussehen, wie Lutschbonbons und von deren Funktion man keinen blassen Dunst hat
. Malen nach Zahlen macht keinen großen Künstler. Und wer keine Fragen hat und schon alles weiß, braucht schließlich auch dieses Forum nicht.
So, ich hab mir deinen Frage erstmal ausgedruckt und samt den beiden Plänen mit in die Badewanne genommen
. Also gehen wir's mal an:
zu 1) Zunächst mal hat eine direkt geheizte Gleichrichterröhre meiner Erfahrung nach keine Nachteile im Hinblick auf ein akustisch wahrnehmbares Brummens. Mein Pro mit direkt geheizter 5U4GA ist z.B. sehr nebengeräuscharm.
Pin 3 und 4 verbinden würde ich nicht, denn Du musst die Heizung nicht zwingend auf die Hochspannung beziehen, da die EZ80 laut Datenblatt eine maximale Spannungsdifferenz zwischen Heizung und Kathode von 500V zulässt. Trotzdem müssen beide Spannnungen (Heizung und Hochspannung) auf ein gemeinsames Potenzial bezogen sein, damit Du die max. Spannungsdifferenz von 500V garantieren kannst. Ohne diesen Massebezug "schwimmt" die Heizung und es können auch höhere Potenziale entstehen. Du brauchst übrigens keine zweite Heizwicklung und könntest die EZ81 sogar über die gleiche Wickung wie V1 und V2 heizen.
zu 2) So würde ich die Schalter jedenfalls nicht einbauen. Ohne Bypass-Cs dürfte der Amp ziemlich lasch klingen. (Ich habe allerdings gerade mit Erschrecken festgestellt, dass das im Princeton so original ist
). Aber eine interessante Option könnte sein, zwischen den hohen Bypass-Cs (25µ) und kleineren Werten (so um die 680n-2µ) umzuschalten. Das kann bei hoch aufgedrehtem Amp die u.U. ziemlich wummernden Bässe unterdrücken. Relaliseren kann man das über einen Push-Pull-Poti, dann fällt das kaum auf. Ist halt teurer wie ein Miniswitch.
Am Eingang würde ich einen 1M-Widerstand verwenden und gut isses. Den Low-Input wirst Du kaum benutzen, wenn Du kein Jazzer bist
. Zu C1: ohne klingt auf jeden Fall besser, egal wie groß Du den C auch machen würdest. Wenn Du aus Sicherheitsgründen nicht verzichten willst, nimm 100nF. Der 1M sollte aber (auch) vor dem Kondensator sitzen (Gitterableitwiderstand nicht vergessen).
zu 3) Den Sekundärstrom der Hochspannung hast Du richtig überschlagen. Eine flinke 100mA-Sicherung ist sicher okay, die hält dann auch, wenn Volume auf Rechtsanschlag ist und die Endstufe fern jeden Arbeitpunktes eher ein schönes Rechteck, als eine Sinusspannung rausbringt.
zu 4) Okay, das sind jetzt eher Fomelsammlungs-Grundlagen
. Den Primärstrom ermittelst Du über die Leistung. Rechne Dir die sekundären Einzelleistungen aus und addiere sie. Bei einem idealen Trafo (keine Verluste) ist Primärleistung = Sekundärleistung. Also nimm die Sekundärleistung und teile sie durch 230V, dann kennst Du den Primärstrom. Dann kannst Du noch den Wirkungsgrad deines Trafos einrechnen, bei Nennlast liegst Du mit 90% ganz gut, zur Sicherheit nimm 80% an. Wenn Du das ausgerechnet hast, kennst Du deinen Primärstrom. Soweit die Theorie...
Damit wären wir eigentlich fertig, wäre da nicht der sehr hohe Anlauftrom des Trafos. Den muss die Sicherung auch abkönnen (zumindest für kurze Zeit), so dass Du die Sicherung ordentlich überdimensionieren musst. Fender hat hier beim Princeton T2A bei 115V verwendet, also wären das bei 230V T1A. Du kannst auch mal testweise kleiner gehen, wenn die Sicherung beim Einschalten dann manchmal rausfliegt, war sie unterdimensioniert
.
zu 5) Bei den kleinen Amps hat Fender gerne die Drossel vor die Anode plaziert. Das hat den Vorteil, dass die Anode schon mit der - durch die Drossel - besser gesiebten Hochspannung versorgt wird. Das funktioniert, aber ein Schirmgitterwiderstand sollte heutzutage schon aus Sicherheitsgründen Pflicht sein. Dazu findest Du hier über die SuFu sicher einige Diskussionen zum Thema. Ansonsten kannst Du natürlich auch über einen Spannungsteiler die passende Schirmgitterspannung einstellen.
zu 6) Ja, eine Drossel lässt den Amp direkter ansprechen, der Sound wird definierter und stabiler (neudeutsch tighter
), weniger schwammig, vor allem im Bass. Wie Du ganz richtig erkannt hast, liegt das vor allem niedrigeren Innenwiderstand der Drossel und den damit reduzierten sag-Effekt (der ohnehin nur bei hoher throttle position zum tragen kommt). Hier muss man entscheiden, was man will. "Sag" oder eben einen definierteren Sound. Zur Stabilität des Netzteils Ich würde bei dieser Art Amp nach der Drossel (bzw. R11) vielleicht auch etwas höher gehen, aber nicht weiter als 15µF. Es soll ja keine Nu-Metall Monster werden
.
zu 7) Jan sagt max DC 60 mA, approx 6 W. Nun, da würde ich Dir mal das rechnen überlassen
.
zu 8.) Wieso eine zu hohe Heizspannung? Ist der Trafo so sehr überdimensioniert? Aber schau mal, ob Du zusammen mit der EZ81 nicht eine Heizwicklung auslasten kannst. Heizspannung verbraten ist so eine Sache. Das erhöht eigentlich nur die Temperatur im Chassis
. Aber bei der Hochspannung liegst Du doch auch zu hoch, wie Martin schon schrieb. Schau vielleicht einfach mal nach einem passenderem Trafo. Danach anhand der Spannung nochmal den Arbeitspunkt für die Endröhre überprüft und alles wird gut.
9) Ich habe einen Jensen Neodym 100W in einer 1x12er Box, der klingt auch leise mit verschiedensten Amps sehr gut. Von daher wäre das kein Kriterium für mich.
10) Mit den paar Bauteilen geht das Zeichnen auf Papier wahrscheinlich schneller. Ansonsten hat Rockopa58 mal eine Bibliothek gebaut. Schau mal im Musikding nach. Da sollte einiges darüber zu finden zu sein.
Zum Thema Gegenkopplung: Probiere einfach aus, was Dir besser gefällt, keine GK, 22k oder irgendwas anderes. Meine Erfahrung mit dieser Art Gegenkopplung ist jedoch, dass sie ziemlich wirkungslos ist und wie Martin schon schrub, mit Bypass C nicht funktioniert. Schau mal die Schaltung im TT-66 an, die zeigt, wie es theoretisch geht. Aber wie gesagt, mit geringer bis nicht wahrnehmbarer Wirkung.
Puh, das war schon einiges. Nächstes Mal wartest Du aber nicht so lange mit deinen Fragen
Grüße nach UK,
Joachim