Hallo,
In dieser Sitzung wollen wir uns mit den beiden Koppelkondensatoren C1 und C4 befassen. Beide gehören zu Spannungsteilern, die Hochpässe bilden.
http://de.wikipedia.org/wiki/HochpassC1 zusammen mit R1 und C4 zusammen P1. Die Signalspannung für die folgende Stufe wird nämlich jeweils zwischen dem C und dem R abgegriffen. Da der Kondensator C zu tiefen Frequenzen einen immer größeren Widerstand für die Signalspannung bildet, teilt er auch immer mehr von der gesamten Signalspannung ab. Demnach wird was übrig bleibt in den Bässen leiser.
Nun könnte man meinen, das Problem wäre am leichtesten dadurch zu lösen, dass wir C1 und C4 riesig groß machen. Durch die hohe Kapazität bilden sie dann nahezu keinen Widerstand mehr für den Bass. Das wäre eine Lösung. Es ist aber auch die Lösung , die Leute wählen würden, die kriminelle Handlungen wie z.B. Terrorismus mit großen Kriegsheeren bekämpfen.
Kluge Leute wie wir nutzen den Effekt der Bassbeschneidung aus. Es genügt doch, wenn unser Gitarrensignal nicht hörbar beschnitten wird. Es ist doch gut wenn noch tiefere Frequenzen bedämpft werden. Das tiefste Signal der Gitarre liegt bei etwa 85Hz und entstpricht der offenen E-Saite. Wenn der Verstärker 50Hz Frequenzen schon deutlich bedämpft, kann das doch nur gut sein, denn das Heizungsbrummen würde dann auch bedämpft werden. Aber auch andere Störgeräusche, wie z.B. Einstreuungen in die Gitarre, versehentliches Berühren der Seiten, also Rumpeln und ähnliches mehr. Wir sollten die Kondensatoren C1 und C4 also keines Falls überdimensionieren.
Die kleinste gerade noch deutlich erkennbare Lautstärkeschwankung ist 3dB. D.h. die tiefste Frequenz unserer Gitarre sollte nicht mehr als 3dB von den Spannungsteilern C1/R1 und C4/P1 bedämpft werden. D.h. die Summe der Dämpfungen beider Glieder sollte -3dB sein. Wie wir die Dämpfung auf beide Glieder aufteilen ist egal.
A: Wir könnten bei C1/R1 mit -3dB bedämpfen und müssten dann C4/P1 so wählen das dort nahezu gar nicht bedämpft wird.
B: Wir könnten bei C1/R1 mit nicht bedämpfen und müssten dann C4/P1 so wählen das dort mit -3dB bedämpft wird.
C: Wir können die Dämpfung aufteilen und z.B. bei C1/R1 mit -1,5dB und bei C4/P1 mit ebenfalls -1,5dB bedämpfen.
Bei Möglichkeit A haben wir eine maximale Dämpfung von Einstreuungen in die Gitarre, also Schmutz von außerhalb des Verstärkers Heizungsbrumm der ersten Stufe wird von C4/P1 nicht bedämpft. Bei B führen wir den Schmutz immerhin die erste Stufe, wo er noch zu unerwünscht weiten Aussteuerungen und Oberwellen durch Verzerrung führen kann. Dann sieben wir ihn aber Mittels C4/P1 teilweise ab. Bei Variante C haben wir ein Mischmasch.
Meiner Erfahrung nach ist C eine gute Variante.
Bei Verstärkern, die stark und besonders in der Vorstufe verzerren, wird die Bedämpfung bei der unteren Grenzfrequenz, aso 85Hz, meist viel größer gewählt als bei uns hier. Das tut man um mantschige Bässe zu verhindern. Man hat dann auch mehr Verstärkerstufen. Zwischen welchen Stufen wie stark bedämpft werden muss ist dann eine knifflige Frage. Bei gleicher Gesamtdämpfung über alle Stufen hinweg, kann die unterschiedliche Aufteilung dieser Dämpfung auf die einzelnen Stufen riesige Soundveränderungen mit sich bringen. Es macht nämlich einen Unterschied ob man die ungedämpften Bässe verzerrt und dann ausdünnt oder ob man sie erst ausdünnt und so gar nicht erst so stark verzerren lässt. Über solche Dinge sollten man sich zuerst Gedanken machen, und nicht über Jahrgang und Hanglage von Kondensatoren. Darüber darf man sich natürlich auch Gedanken machen, aber vielleicht nicht unbedingt als erstes.
Nun ist unser Verstärker aber kein High Gain Gerät. Der erste Stufe V1 zerrt ohnehin überhaupt nicht hörbar, weswegen es für den Klang nehezu keine Rolle spielt wo wir mit 3dB bedämpfen, so lange wir es denn tun, denn höchstens die Endröhre V2 könnte zerren, sie liegt aber hinter allen Dämpfungsgliedern und Koppelkondensatoren.
Nun wieder etwas Mathe: Jeder dB-Wert entspricht einem Faktor. Deswegen ist das Dezibel keine Einheit, was in der Wikiüpedia dazu steht, ist falsch! Es gibt wie das Prozent, das auch keine Einheit ist, ein Verhältnis an. Da nun für das menschliche Ohr eine Signalpegeländerung von 1 auf 2Volt ein viel größerer Sprung ist, als von 10 auf 11V ist es quatsch die Differenz anzugeben oder in Prozent umzurechnen. Jede Verdoppelung des Signalpegels wird als gleicher Lautstärkeunterschied aber längst nicht als Verdoppelung empfunden. Diese Reihe von Spannungswerten ist für das Menschliche Ohr eine nahezu gleichmäßige Reihe von Lautstärkesprüngen:
1V, 2V, 4V, 8V, 16V, 32V usw.
Deswegen nimmt man das Dezibel. Denn -3dB bei 10V sind ziemlich der selbe empfundene Unterschied wie -3dB bei 100V. Sie entsprechen aber höchst unterschiedlichen Spannungsdifferenzen. Die Berechnungsvorschrift für das dB lautet bei Signalspannungen:
Dezibelwert = 20*lg(Faktor)
Der Faktor ist der Wert um den sich die Spannung ändert. Das kann ein Verstärkungsfaktor sein, wie in unserer Vorstufe.
Dezibelwert = 20*lg(Eingangssignalspannung/Ausgangssignalspannung)
An dieser Gleichung sieht man schon, dass das dB keine Einheit sein kann, denn wir haben zwei Spannungen unter und über den Bruchstrich, es kürzt sich die Spannungseinheit demnach heraus. Einheiten haben nur Größen die man direkt empirisch messen kann. Längen, Höhen, Breiten, Spannungen, Kräfte usw. Verhältnisse aus diesen Größen haben keine Einheiten! Wir setzen ein:
Dezibelwert = 20*lg(V) = 20*lg(150)=20*2,2=44dB
Was wir jetzt aber brauchen, ist der Faktor F, der zu unseren -1,5dB Bassbedämpfung je Stufe gehört. Wir müssen etwas umstellen:
10^(Dezibelwert/20) = F
Man kann das aber auch in Dezibeltafeln nachsehen. Man erhält bei einem Dezibelwert von -1,5dB einen Faktor von F=1,2.
Jedes Dämpfungsglied muss also die Spannung um den Faktor 1,2 heruntersetzen. D.h. die Eingangssignalspannung Uein muss bei unserer unteren Grenzfrequenz von 85Hz 1,2mal größer als die Ausgangssignalspannung Uaus sein.
I: 1,2*Uaus = Uein
Huch, ich wurde gerade zum Mittag gerufen, sobald ich Zeit habe, geht's weiter
Viele Grüße
Martin