Warum baut man den Hochpass mit 2 Kondensatoren, wenn man die gleiche Grenzfrequenz auch mit der hälfte der Bauteile erreichen kann?
Die zwei kaskadierten RC Hochpassfilter (2-pol filter) haben eine grössere Steilheit. Die Dämpfung (Abschwächung) der tiefen Frequenzen geht mit 12dB/Oktave stärker an die Bässe ran als ein Filter mit nur einem RC (1-Pol = 6dB/Oktave).
Warum hat man dies hier (im Tremolokanal) gemacht?
Der Tremoloverstärker (VCA = VoltageControledAmplifier) hat die Eigenart, dass sich die Modulationsfrequenz (Tremolofrequenz) neben der
Modulation (AM = Amplitudenmodulation) auch auf das Einganssignal (Trägerfrequenz) aufmischt und sich so durch den Rest des Versärkers durchschleicht.
Dies ist bei einem GuitarAmp sicherlich nicht direkt hörbar, stört jedoch den Klang des Verstärkers durch Verschiebungen der Arbeitspunkte der folgenden Verstärkerstufen. Das sehr tieffrequente Störsignal kann sogar den Ausgangstrafo und den Lautsprecher beeinflussen, denn sowohl der Ausgangstrafo wie auch der Lautsprecher kann ein Signal von 1Hz verarbeiten - nur nicht mit hoher Amplitude und für lange Zeit - und auch nicht gerne.
Mit dem steileren Hochpassfilter nach dem TremoloAmp (VCA) killt man das Problem an der Quelle, sicherlich eine gute Wahl.
Nun stellt sich noch die Frage ob man dieses Filter eventuell vereinfachen kann (1-pol), wenn man den Amp ohne den Tremologenerator baut, oder wenn man das Tremolo immer ausgeschaltet lässt. Eigentlich ja - vielleicht schon ... aber in diesem Fall würde ich ganz klar nein sagen, denn viele GuitarPlayers sind sich bei diesem Amp ja einig dass der Tremolokanal besser klingt, also sollte man ihn auch so lassen wie er ist.
Warum klingt er denn besser? Natürlich nun eine einfache Sache: Weil er dieses steilere Hochpassfilter hat, das alle Signale unter dem Grundton unserer E-Saite gnadenlos abschneidet. Um es kurz zu machen: sowohl die Gitarre wie auch die DC-gekoppelte Eingansstufe erzeugen sehr tiefe Freuquenzen, welche so tief sind wie die Hüllkurve (Amplitudenverlauf des Signals) des angeschlagenen Tones. Diese "DC-Hüllkurve" moduliert den Arbeitspunkt der ersten Stufe und schleicht sich weiter durch den Amp (wie die Tremolofrequenz). Durch den 2-poligen Tiefpass bleibt die Arbeitspunktmodulation der ersten Stufe erhalten der Rest des Amps wird jedoch von dieser "Störung" entlastet und kann seine volle Leistung der "Musik" widmen. Obwohl wir die Bässe schneiden kriegen wir dadurch mehr Druck und "Punch" aus unserem Verstärker. Er klingt trotz der "Beschneidung" klarer und hat mehr Druck!!!
Also unbedingt drinlassen - sofern man entschieden hat, dass der Tremolokanal "besser" klingt.
Durch dieses Beispiel zeigen sich auch die "Limiten" der "state of the art" Amp Simulatoren. Wie will ein AmpSimulator den richtigen Sound hinkriegen wenn er die DC-Komponente des Guitartones nicht in den DSP reinkriegt. Der A/D-Konverter des TubeAmpSimulators müsste auf 0.01Hz runtergehen oder einen DC-Sidechain-Kanal besitzen. Ohne das hat er keine Chance mit dem real TubeAmp an den Start zu gehen.
Hucky
going long and off-topics