Hallo Headsurgeon,
ich nehme an, daß Du nicht oder kaum im Bereich Recording, Mixing, Mastering tätig bist - ansonsten würdest Du die Bedeutung der Transienten verstehen. Bei der Dynamikbearbeitung mit Kompressoren, Limitern etc. geht es zum großen Teil genau um die Beeinflussung der Transienten. Der Klang der Produktion wird wesentlich davon bestimmt.
Im Studiobereich brauchst Du Dich auch nur mal auf ein paar Experimente mit Kabeln verschiedener Qualität einzulassen und Dir die Ergebnisse nicht nur anzuhören, sondern auch in der Grafikdarstellung der wav-Dateien anzuschauen. Da haben wir auch wieder den Einfluß der Transientenabbildung.
Mit spezieller Analysesoftware geht es noch besser.
Richtig: Die Resonanzspitze bei den belasteten PUs liegt unter 5 KHz. Wie ich ja auch erläutert habe, spielt der Kondensator in Reihe im Bereich der Resonanzspitze impedanzmäßig praktisch keine Rolle. Deshalb liegt ja auch das Tonepoti praktisch direkt parallel zum Vol-Poti und belastet den PU zusätzlich und reduziert die Resonanzspitze. Genau das hatte ich ja ausgeführt und damit gezeigt, daß der Tone-Regler auch in Maximalstellung einen Einfluß hat, was hier im Thread ja bestritten wurde. Bei 80Hz (also der tiefen E-Saite) ist die Impedanz des Tone-Caps aber keineswegs zu vernachlässigen, sonder liegt bei etwas über 100 K V/A für 22 nF. Das ist gegenüber den Widerständen von Tone und Vol Poti nicht zu vernachlässigen und führt zu klar hörbaren Klangunterschieden gegenüber z.B. 47nF oder 10nF .
Das hat mit Transienten nicht zu tun sondern ist Wechselspannungs-Simpel-E-Technik ! Zeichne doch mal ein paar Diagramme mit realem und komplexen Anteil für verschiedene Bauteilwerte und Frequenzen (und sei es mit entsprechender Software). Das sind doch alles elektrotechnische Basics.
Ein genereller Denkfehler ist, im Zusammenhang mit Transienten von hochfrequenten Wechselspannungsanteilen zu sprechen. Transienten sind keine vollständigen Schwingungen sondern einseitige Spannungsimpulse. Deshalb sind sie ja auch z.B. bei der Fourier-Analyse nicht korrekt erfaßbar. Dazu braucht man andere Test- und Messverfahren. Ich hatte ja schon in einem anderen Thread einen entsprechenden Link angegeben.
Dein letztes Argument: Kapazität des Kabels. Ich kann Dich beruhigen, daß mir die Zusammenhänge absolut geläufig sind und ich keineswegs an der falschen Kapazität herumexperimentiere. In meinen Gitarren habe ich durchgängig FET-Impedanzwandler drin, in denen ausschließlich sehr verlustarme Bauteile verwendet werden. Die äussere Kabelkapazität ist für mich also aussen vor. Die Resonanzspitze passe ich intern mit Kondensatoren an.
Die Unterschiede des Tone-Caps machen sich aber sowohl mit als auch ohne Impedanzwandler bemerkbar.
Also - alles kein Voodoo, sondern ganz real.
Es tut mir ja leid, wenn jemand eher mäßige Ohren hat und Details nicht hört. Dann würde sich z.B. der Beruf des Toningenieurs oder Produzenten nicht gerade anbieten. Ich frage mich dann allerdings, an was man mit so schlechten Ohren im Bereich der Amps herumexperimentiert. Von Feintuning kann dann doch keine Rede sein und beliebige Serienamps würden es doch auch tun.
Ich finde es jedenfalls reichlich überheblich, Forumteilnehmer, die Details besser wahrnehmen in die Ecke esoterischer Spinner zu schieben.
Die Frage hier im Thread bezog sich auf Ölpapierkondensatoren und einige Teilnehmer hatten dazu konkrete Angaben gemacht, die ich aus meinen eigenen Test grundsätzlich bestätigen kann. Die Dinger liefern eine andere Klangfärbung und tendenziell würde ich sie auch eher in der Gitarre als im Amp einsetzen.
Solche übereinstimmenden Erfahrungen mehrerer Forumteilnehmer ins Land der Fabeln zu verweisen, ist schon etwas überheblich.
Gruß,
DocBlues
P.S.
Noch ein Querverweis: Die Unterschiede im Bereich der Tone-Caps sind von ähnlcher Größenordnung wie die Unterschiede zwischen verschiedenen Mikrofonen. Sag doch mal einem Top-Toningenieur oder Produzenten, daß es gleichgültig ist, welches Großmembran-Mikro er für z.B. die Stimme von Anastacia, Celine Dion oder Jon Bonjovi verwendet. Der würde Dich aus dem Studio werfen - mit Recht.
Übrigens habe ich vor ein paar Wochen ein relativ billiges Studio Mikro (200 Euro Kategorie) mit besseren Bauteilen upgegraded. Seither hat das Ding ein Impuls-(Transienten-)verhalten und einen Gesamtklangcharakter, daß es z.B. für Akustikgitarre einem Neumann U87 (Preiskategorie 3000 Euro) mindestens ebenbürtig ist und für Gesang kaum nachsteht. Auch da sind es wieder die Transienten und die Detailwiedergabe der Bauteile, die die Soundqualität prägen. Es ist immer das gleiche Spiel. Man muß sich nur mal darauf einlassen und systematisch Erfahrungen sammeln. Das kommt nicht über Nacht und auch nicht allein mit ein paar Tief- oder Hochpass-Formeln.