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Raumakustik

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Offline Nils H.

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Raumakustik
« am: 11.08.2014 09:52 »
Moin,

ich plaziere das mal im Lautsprecher-Bereich, weil's damit, glaube ich, am ehesten zu tun hat.

Ich spiele ja eine geschlossene Rex Vertical mit Eminence V12. Wir sind kürzlich in einen neuen Proberaum umgezogen, der akustisch eigentlich ganz angenehm ist, aber anscheinend relativ hell. Erster Impuls beim Soundcheck im neuen Raum war, die Treble- und Presenceregler deutlich zurück zu nehmen. Auch die Mittenregler (2203-Topologie mit Standardwerten im Tonestack) scheinen plötzlich deutlich höher anzusetzen und wirken eher wie Treble- als wie Mittenpotis.

Nun war ich gestern alleine im Proberaum, um ein paar Sounds im Rack zu programmieren, und das hab ich bei deutlich reduzierter Lautstärke getan. Ergebnis: Sehr muffiger Sound bei der Einstellung, die bei Bandlautstärke Top war.

Der alte Raum war sehr groß (ca. 10x6 Meter) und akustisch ziemlich tot (Teppichboden, Styroplatten an den Wänden). Der neue Raum ist nur halb so groß, hat Laminatboden und nur vereinzelte Akustikpads an den Wänden (Für Drums klingt der Raum fantastisch!).

Was ich jetzt versuche einzuordnen: Liegt's am Raum oder den Speakern oder beidem?

Konkreter:

- These 1: Die Speaker produzieren bei höherern Lautstärken mehr Hochmitten und Höhen, die im alten Raum einfach "verloren" gingen und verschluckt wurden, weswegen der Unterschied zwischen Zimmer- und Bandlautstärke dort sehr gering war

- These 2: Der neue Raum wirft bei entsprechender Lautstärke einfach viel mehr Hochmitten und Höhen ans Ohr zurück, weil er eben nicht tot ist. Bei Zimmerlautstärke Wirkt der Sound dann gedämpfter, weil weniger Energie = weniger Reflektionen

Der neue Raum stellt mein bisheriges Weltbild bzgl. meiner Amp-Box-Kombination ("klingt bei Zimmerlautstärke genauso wie laut") ziemlich auf den Kopf. Vermutlich ist es das Zusammenspiel beider Thesen.

Welchem Soundbild sollte ich, speziell auch im Hinblick auf den Livesound draußen aufm Platz, eher trauen? Bringen die V12 (bzw. die V12-Rex-Kombi) bei höherer Energie tatsächlich mehr Hochmitten und Höhen, oder ist das eine Illusion der Raumakustik? Die Verstärkerschaltung wird's eher nicht sein, die macht den Sound zu 95% in der Vorstufe.

Worauf kann ich mich jetzt verlassen? Live ist's ja immer noch viel anders, da hatte ich auch schon beides: Viel zu dumpf und viel zu grell. Die Tonestacks habe ich live nie angefasst, weil ich davon ausgegangen bin, dass das, was ich in unsererm großen, toten Raum eingestellt habe, optimal war.

Und jetzt?
Gruß, Nils

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Offline tele05

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Re: Raumakustik
« Antwort #1 am: 11.08.2014 13:35 »
Hallo Nils,

ich denke, beide Thesen stimmen halbwegs. Allerdings würde ich die Speaker für unschuldig halten
(und glaube auch nicht, daß Du mit anderen Pappen doll was ändern könntest).

> Welchem Soundbild sollte ich, speziell auch im Hinblick auf den Livesound draußen aufm Platz, eher trauen?

ich würde danach gehen, was laut gut klingt.

> Worauf kann ich mich jetzt verlassen?
> Die Tonestacks habe ich live nie angefasst, weil ich davon ausgegangen bin, dass das, was ich in
> unsererm großen, toten Raum eingestellt habe, optimal war.

ich glaube, der neue Raum ist weniger nah am Auftritt-Szenario als der alte.
Wahrscheinlich war der alte Raum eine gute Näherung ans Freifeld (= es kommt nichts von den Wänden zurück) und Du hast hauptsächlich Direktschall der Speaker gehört. Das ist bei OpenAir-Konzerten meist auch so. Deshalb hattest wahrscheinlich auch einen ähnlichen Eindruck wie in dem alten Raum.
Du wirst wohl wirklich mit zwei unterschiedlichen Presets arbeiten müssen wobei das aus dem alten Raum für draußen weiterhin passen sollte.

> Bringen die V12 (bzw. die V12-Rex-Kombi) bei höherer Energie tatsächlich mehr Hochmitten und Höhen,
> oder ist das eine Illusion der Raumakustik?
> Sehr muffiger Sound bei der Einstellung, die bei Bandlautstärke Top war.

Ich denke, beides gehört zusammen und ist wahrscheinlich eher ein Loudnessphänomen.
Die Hörkurven (Empfindlichkeit des Gehörs über der Frequenz) sind halt bei verschiedenen Lautstärken stark unterschiedlich.
Bei geringen Lautstärken entspricht sie der A-Bewertung, bei hohen Lautstärken ist sie fast konstant (C-Bewertung). Dein Gehör ist also bei leisen Klängen für Höhen und Bässe sehr viel weniger empfindlich - sie müssen dann für einen ähnlichen Klang wie bei lauten Sounds extra geboostet werden.
Wenn Du nun bei Bandlautstärke (also laut) einen ausgewogenen Sound eingestellt hast, bekommst Du bei leisem Sound mit identischen Einstellungen genau das beschriebene Phänomen: mumpfig und lasch in den Bässen. Da hilft am einfachsten eine Loudnesskorrektur (= Bässe und Höhen boosten).

Der Grund ist wohl wirklich, daß der neue Raum eher in Richtung Hallraum (also mit gut reflektierenden Wänden) geht.
Ich denke, das hat nur wenig mit den Speakern zu tun, sondern wird von Deiner 2. These gut beschrieben.

> Und jetzt?

Laminat ist ziemlich schallhart und wirft auch Höhen super zurück (Kacheln sind noch schlimmer). Vielleicht reicht schon ein Teppich auf dem Boden, der das Laminat verdeckt, Höhen kriegt man ja viel besser weggeschluckt also Bässe...


Viele Grüße
Oliver

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Offline ferdi

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Re: Raumakustik
« Antwort #2 am: 11.08.2014 14:43 »
Unser Proberaum kommt, da er eine Dachschräge hat und mit mehreren Polstermöbeln und vielerlei Teppichen versehen ist und nicht eine wirklich glatte Reflexionsfläche hat, sehr nah an den durchschnittlichen Bühnenklang - nur eben kleiner.

Ich hatte mal einen anderen Raum mit ebenfalls sehr hellem Klang - damit tut man sich keinen Gefallen.
Ebenfalls erinnere ich einen komplett gekachelten Auftrittsort mit niedriger Decke - grauenhaft :)

Ich würde als erstes die komplette Bodenfläche des Raumes mit dicken Teppichen abdecken, als zweiten Schritt eine, dann ev. noch eine (danebenliegende) Wand - immer so, dass nie zwei gegenüberliegende Wände ungedämmt sind.

Wenn ich zu Hause Sounds einstelle, tue ich das in etwa bei derselben Lautstärke wie im Proberaum (oder im Proberaum idR bei Gig-Lautstärke), da sich der Klang eines typischen Gitarrenlautsprechers im Regelbereich des Volumepotis doch sehr verändert (Ausnahmen bestätigen die Regel). Was manche für Endstufenverzerrung halten sind um Gnade winselnde Speaker.
Andersherum macht es wenig Sinn, Sound bei Brachiallautstärke einzustellen und dann beim Auftritt nur halb so laut zu spielen - na klar klingt es dann anders.

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Offline Nils H.

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Re: Raumakustik
« Antwort #3 am: 11.08.2014 17:07 »
ich glaube, der neue Raum ist weniger nah am Auftritt-Szenario als der alte.
Wahrscheinlich war der alte Raum eine gute Näherung ans Freifeld (= es kommt nichts von den Wänden zurück) und Du hast hauptsächlich Direktschall der Speaker gehört. Das ist bei OpenAir-Konzerten meist auch so. Deshalb hattest wahrscheinlich auch einen ähnlichen Eindruck wie in dem alten Raum.

Okay, das ist auch das, was ich bisher immer angenommen hatte.


Ich denke, beides gehört zusammen und ist wahrscheinlich eher ein Loudnessphänomen.
Die Hörkurven (Empfindlichkeit des Gehörs über der Frequenz) sind halt bei verschiedenen Lautstärken stark unterschiedlich.
Bei geringen Lautstärken entspricht sie der A-Bewertung, bei hohen Lautstärken ist sie fast konstant (C-Bewertung). Dein Gehör ist also bei leisen Klängen für Höhen und Bässe sehr viel weniger empfindlich - sie müssen dann für einen ähnlichen Klang wie bei lauten Sounds extra geboostet werden.
Wenn Du nun bei Bandlautstärke (also laut) einen ausgewogenen Sound eingestellt hast, bekommst Du bei leisem Sound mit identischen Einstellungen genau das beschriebene Phänomen: mumpfig und lasch in den Bässen. Da hilft am einfachsten eine Loudnesskorrektur (= Bässe und Höhen boosten).

Jein. Ich hab im alten Raum meine Amp-Box-Speaker-Kette für ziemlich gut gehalten, denn da hatte ich genau den gewünschten Effekt: Laut eingestellter Sound klang auch leise top und im Prinzip genauso mit nur minimalen Korrekturen. Das ist jetzt halt nicht mehr so, und ich hab mich gefragt, wie rum der Effekt entstanden ist - alter Raum schluckt Höhen oder neuer Raum gibt viel zu viele wieder. Ist wohl dann doch letzteres.


Der Grund ist wohl wirklich, daß der neue Raum eher in Richtung Hallraum (also mit gut reflektierenden Wänden) geht.
Ich denke, das hat nur wenig mit den Speakern zu tun, sondern wird von Deiner 2. These gut beschrieben.

[...]

Laminat ist ziemlich schallhart und wirft auch Höhen super zurück (Kacheln sind noch schlimmer). Vielleicht reicht schon ein Teppich auf dem Boden, der das Laminat verdeckt, Höhen kriegt man ja viel besser weggeschluckt also Bässe...

Tja, muss man mal sehen. Meinen Mitmusikern gefällt der Raum so, wie er ist.