Hallo,
ich möchte euch hier meinen Neuaufbau eines Marshall 1987 Clones vorstellen.
Zu mir kam der Amp als (in meinen Augen) etwas missglückter Selbstbau. Nicht nur, dass er laut Verkäufer nicht funktionierte, nach einem Blick ins Chassis war mir das zumindest nicht mehr ganz unplausibel. Fairerweise muss ich sagen, dass die Bilder vom Verkäufer stammen, Aufbau und Zustand also vorher bekannt waren:
Nun denn, aufgrund des günstigen Preises lohnte sich der Kauf schon aufgrund des Headshells, des Chassis, der Faceplates und einiger Kleinteile wie Röhrensockel und Potiknöpfe. Die Trafos hierbei stammen von Dynacord, nach meinen Recherchen aus dem Eminent 2T. Ich entschied mich, den Trafos, obwohl natürlich nicht allererste Wahl, zumindest eine Chance zu geben.
Also wurde zunächst das Chassis entkernt - dabei kam die ein oder andere Aufbausünde zum Vorschein; der Schutzleiter nicht korrekt angeschlossen, der AÜ wurde von zwei M3-Schrauben "gehalten", Kabeldurchführungen mit scharfen Kanten, einpoliger Netzschalter, das volle Programm eben. Die HV-Sicherung war im Übrigen auch kurzerhand eingespart worden.
Nach dieser Aktion hatte ich dann drei Haufen Teile: die, die ich wiederverwenden wollte, die, die in die Bastelkiste für Testprojekte wanderten, und die, die zum Schrott kamen:
Ebenso lag das blanke Chassis vor mir:
An diesem standen erstmal viele mechanische Arbeiten an. Die Trafos ordentlich befestigen, zusätzlichen Becherelko vorsehen, Löcher für die Verdrehsicherungen der Potis und des Impedanzdrehschalters bohren, Bohrungen für die Drossel und das Board ausarbeiten usw. Parallel liefen die Bestellungen bei TT, ---- und RS.
Währenddessen habe ich mich noch um das Boardlayout gekümmert, bei dem ich mich im Wesentlichen an das Original gehalten habe. Allerdings habe ich mangels Mittelanzapfung der HV-Wicklung eine Brückengleichrichtung vorgesehen, und für die Biasspannung die 60V-Wicklung des Trafos benutzt. Um nicht noch mehr Löcher in das sowieso schon vom Vorbesitzer mit einigen zusätzlichen Bohrungen versehene Chassis bohren zu müssen, habe ich fünf bereits vorhandene ausgesucht und die Positionen in meine 1:1-Skizze übertragen. Auch die Widerstände, Kondensatoren etc. habe ich ausgemessen, damit hinterher auch alles wirklich passt. Die einzelnen Elemente der Zeichnung wurden hierbei auf mehreren Ebenen angelegt, sodass ich z. B. für den Bohrplan einfach nur die überflüssigen Elemente ausblenden musste:
Die beiden Siebelkos (mit weniger Deckkraft dargestellt) befinden sich "huckepack" auf dem Board, mit Kabelbindern befestigt.
Bei der Frage, ob ich Turrets oder Eyelets verwende, habe ich mich - rein intuitiv - für Eyelets entschieden, in Verbindung mit einem 2mm GFK-Board - ich fand das beim Larry ästhetisch immer recht ansprechend. Nachdem die Löcher gemäß Bohrplan gebohrt und die Eyelets eingesetzt waren (schnell noch ein kleines Hilfsteil auf der Drehbank gemacht), sah das Board so aus:
Wozu die vielen kleinen Bohrungen neben den Eyelets dienen? Siehe unten ;-)
Das für das Board vorbereitete Chassis sah dann so aus:
Die Leitungen, die später unter dem Board herführen und nicht mit einem Röhrensockel oder einem Poti verbunden werden, habe ich bereits vorverlegt. Dabei leisteten mir die selbstklebenden Kabelschellen gute Dienste.
Die Verlegung ist hier noch mal besser zu sehen:
Dann wurde das Board eingesetzt, mit Teilen bestückt und die Leitungen angelötet. Da ich das in einer Nachtschicht durchgezogen habe, gibts davon keine Zwischenbilder.
Die Leitungen, die auf dem Board enden, habe ich von unten durch die Bohrungen neben den Eyelets gezogen und nach einem kleinen Bogen angelötet. Der gängige Weg ist wohl, diese entweder von unten anzulöten, das war für mich wegen des möglichen Herausfallens beim Lötvorgang keine Option, oder normal von oben aufzulöten, was die Leitungen doch recht sperrig nach oben stehen lässt. Daher die Alternative der kleinen Durchführungen.
Ich habe auch noch ein PPIMV eingesetzt, in der "Larry-Variante" mit 250k/2M2. Zunächst mal ungeschirmt und lediglich verdrillt, schaut auch nicht danach aus als ob da was schwingt.
Danach gab's eigentlich gar nicht mal mehr so viel zu tun: Kleinigkeiten wie Presence- (bei mir übrigens ein 680n) und Bright-Cap (als Startwert mit 500p) eingelötet, eingeschaltet, die frischen Röhren eingebiased, läuft! So wünscht man sich das doch. Und was soll ich sagen, das Gerät tönt so, wie man sich das vom Plexi wünscht. Ohne MV (also PPIMV voll auf) ohrenbetäubend laut, der Bright Kanal zeigt auch bei der Paula crispe Höhen und seidigen Clean, der Normal Channel überzeugt mit einem ordentlichem Fundament und bluesigen Tönen in den oberen Lagen. Mit gebrückten Kanälen vereint man natürlich die Vorzüge der beiden.. Ab 4 cruncht es schon leicht, die 6 erinnert an zwei Brüder aus Australien und spätestens ab 8 lassen Jimi und Eric schön grüßen. Mit outputstarken PUs sind auch bleigefüllte Luftschiffe locker drin. Das Ganze dank MV sehr lautstärkeflexibel, aber bestimmt nicht wohnzimmerkompatibel und wunderschön anschlagdynamisch und sensibel auf das Volume-Poti der Gitarre reagierend. Herrlich!
Aber nun zu den Bildern:
Das feine Gerät kommt selbstverständlich noch in seine schicke Schale, aber ein Foto davon gibts erst, wenn das Logo auch dranpappt
Sobald sich Röhren, Kondensatoren etc. "gesetzt" haben, gibts bestimmt auch den ein oder anderen Clip - in den nächsten Wochen!
Grüße,
Florian