hey Nils, danke für die Anregung.
Hier eine ziemlich ausführliche Antwort, angeregt durch
earnst
Wer sich nicht alles durchlesen möchte: Einfach nach unten skrollen bis zum Afrosmiley da kommen wir dann zu meinem Vorschlag der Trennung der Signalmasse und der Versorgungsmasse.bei deinem Wunsch, die Funktion von Abschirm-/Erdungsmaßnahmen zu verstehen und anzuwenden, kommst du nicht herum, die unterschiedlichen "Wirkweisen" der E- und H-Komponente des elektromagnetischen Feldes zu verstehen.
Nunja als Physikstudent ist mir das Denken in Strömen nicht gerade unbekannt und die Maxwellschen Gleichungen, welche E-und H Felder beschreiben sind mir auch vertraut!
Nur wird dir kaum ein theoretischer Physikprofessor sagen können, wie du die Masseführung in einem Audiogerät verlegen musst und wenn das erst nach Monaten nachdenken (wenn er ganz alleine drauf kommen möchte)
Die Praxis ist da eben schon ein mächtigerer Schulmeister als die Theorie. Das ist zu mindest meine Einschätzung, wenn es um Elektrotechnik geht. Natürlich sollte man ein gewisses Grundverständnis für elektrische-und magnetische Felder haben, aber theoretisch exakt berechnen lässt sich das eh nicht mehr sobald es komplexer wird, da hilft dann nur die Erfahrung ,eigene und fremde, daher frage ich ja euch.
Dennoch können theoretische Überlegungen, wie zum Beispiel das Trennen von Schirm und Signalmasse einen praktischen Anstoß bieten. Daher wollte ich nur von euch wissen, ob das in euren (praktischen) Augen Sinn macht.
Bei den unterschiedlichen Massekonzepten (s. dazu auch die Beiträge von MacAlex) ist das "Denken in Strömen" auch bei (Stör-)Signalen unabdinglich, die ja bei den kleinen aber endlichen Leitungs- und unter Umständen auch Chassiswiderständen wiederum Spannungsabfälle erzeugen, die zur Störung führen.
Meine theoretische Überlegungen zur Masseführung wären folgendermaßen:
Dabei werde ich mich bemühen so viel wie möglich "in Strömen zu denken". Bitte korrigiert mich, wenn ich mich irre:
Ich fange an der Steckdose an und gehe dann bis zur Gitarre:
Bei einer normalen Steckdose für Kaltgeräte, findet sich der Schutzleiterkontakt, die Phase an der +- 230 V Wechselspannung liegen und die sogenannte Masse, das 0V Bezugspotential, welches man sich ideal als unendlich großen elektrisch neutralen und leitenden Klumpen vorstellen kann. Die Masse besitzt ein unendlich großes Vermögen Ströme zu schlucken oder auch Ströme zu liefern. Physikalisch gesprochen sind in der Masse Elektronen und Protonen im Gleichgewicht, jedoch stehen sehr viele freie Elektronen zur Leitung zur Verfügung. Sobald nun ein Potential welches vom Massepotential abweicht über einen Leiter mit der Masse verbunden wird, so findet über elektrische Ströme ein Potentialausgleich statt, bis beide Potentiale gleich sind. Da die Masse theoretisch unendlich groß ist, fallen die wenigen eingeflossenen bzw. ausgeflossenen Elektronen nicht auf, sodass sich das Massepotential nicht verändert. Das andere Potential verliert jedoch seine Ladungen und wird somit auf das Massepotential runtergezogen. (Sofern keine neuen Ladungen mehr nachkommen, wie bei einer Spannungsquelle).
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Ein anschaulicher Vergleich aus der Thermodynamik:Bringt man 2 verschiedene Körper mit abweichender Temperatur in thermischen Kontakt so findet ein Temperaturausgleich zwischen den beiden Körpern statt. Dabei "fließt" thermische (Bewegungs-) Energie vom heißeren zu kälteren Körper, bis die Temperaturen ausgeglichen sind.
Im elektrischen Falle wäre das Potential zum Beispiel +9V der heißere Körper mit sagen wir mal 100°C und die Masse mit Potential 0 V ein Körper mit Temperatür 0°C
Verbindet man nun beide Körper so fließt Wärme, oder eben ein elektrischer Strom vom heißen Körper zum kalten Körper bis beide Körper die gleiche Temperatür haben. Beide Körper müssten nun eigentlich etwas zwischen 0°C und 100°C warm sein, abhängig von ihrer Wärmekapazität. Wären die beiden Körper gleich groß und vom gleichen Material so würden sie beide nun 50°C warm sein und elektrisch gestprochen vermutlich das Potential +4,5V haben. (bei absolut abgeschlossenen Systemen)
Nun ist aber die Masse als unendlich groß zu denken. also ein riesenhafter Metallklotz, viel großer als ein Schiff oder ein Panzer, der angenehme 0°C kalt ist. Dieser riesigen Masse ist es natürlich egal, ob man eine heiße Bratpfanne dran hält. Die Bratpfanne wird auf faktisch 0°C herunterkühlen und dem Panzer ist es völlig egal und bleibt auf 0°C. (Streng genommen haben Panzer und Pfanne nun vielleicht gemeinsame 0,0000001°C aber das interessiert ja in der Praxis keinen)
Man könnte auch sagen, dass die Masse einfach kein abgeschlossenes System darstellt bei welchem Energien an andere Systeme abgegeben werden können.
Natürlich ist der Vergleich Thermodynamik <-> Elektodynamik nur sehr begrenzt anwendbar, aber für ein anschauliches Bild in diesem Falle brauchbar.
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So ist es meiner Ansicht nach auch mit der Masse aus der Steckdose. Sie ist mit dem riesigen System "Planet Erde" verbunden und kann faktisch gesehen unbegrenzt elektrische Energie aufnehmen, ohne, dass sich ihr eigenes Potential nachweißbar verändert)
Soweit zum Wesen der Masse nun zu der Praxis.Durch die Steckdose wird der Verstärker mit "DER MASSE" verbunden. Dieses 0V Bezugspotential wird im Vertärker für allerhand Stromkreise verwendet, aber das wisst ihr ja viel besser als ich. Durch geschickte Masseführung schafft man es, dass alle elektrischen Strome sauber zur Masse hin abfließen, öhne dabei die anderen Strome vor allem die Signalströme zu behindern oder zu beeinflussen. Dabei sollte man vor allem daran denken, dass eine Masseleitung ja einen Ohmschen Widerstand besitzt und daher an ihr eine Spannung in Abhängigkeit der Strecke abfällt. So passiert es oft, dass man denkt, man hätte die Masse mit OV überall im Schaltplan zur Verfügung. Dem ist aber nicht mehr so, sobald Ströme über die Masse abfließen und man an einem anderen Massekontakt, an welchem ein Strom vorbeifließt, das 0Potential abgreifen will, jedoch aber ein anderes Potential bekommt durch die abgefallene Spannung.
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Nochmal der Vergleich mit der Temperatur.Eine Eisenstange ragt aus einem Planeten aus massivem Eisen, der Planet und die Eisenstange haben zunächst die gemeinsame Temperatur T = 0°C. Nun wird das Ende der Eisenstange stark erhitzt (Beispiel 500°C). Die Wärme fließt also über die Eisenstange zum Eisenplaneten. Nun kann man aber nicht erwarten, dass in der Mitte der Eisenstange immer noch 0°C herrschen. Hier muss ja die thermische Energie von der Spitze der Eisenstange zum Planeten vorbeifließen. Hält man daher eine kleine Eisenkugel in die Mitte der Eisenstange so wird sie nicht die Temperatur 0°C annehen, sondern eine Temperatur zwischen 500° und 0°C. Es ergibt sich also ein ziemlich stetiges Temperaturgefälle von dem beheizten Ende der Stange von 500°C bis zum Eisenplaneten mit 0°C. Dieser termische Strom ist ziemlich langsam und zäh, aber wenn man lange genug wartet bekommt man tatsächlich ein stetiges Temperaturgefälle....
Potentialausgleich geschieht jedoch mit Lichtgeschwindigkeit sodass instantan ein Potentialgefälle entsteht.
Hier hingt der Vergleich etwas, da das Potentialgefälle beim elektrischen Leiter durch den Widerstand des Leiters bestimmt wird.
Jedoch ist jetzt klar, warum es keine gute Idee ist am Ende des Massenleiters ein fettes Potential sitzen zu haben und irgendwor in der Mitte des Masseleiters zu erwarten, dass man dort konstante 0V anliegen hat.
Daher benutzt man oft eine
sternförmige Masseleitung:Man steckt sozusagen viele Stangen in den Eisenplaneten, die in einem Punkt zusammenlaufen, sodass die Ströme getrennt voneinander, ungestört abfließen können. So ist gewährleistet, das eine Temperatur oder ein Potential wirklich zu 0 hin abfließen kann und nicht einen abweichenden Referenzwert bekommt, der durch vorbeifließende Ströme zustande kommt.
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Zurück zum Verstärker:Dort wurde schon einiges mit der Masse getrieben und es fließen auch eine Menge Ströme über diese Masse ab. Wenn das gut gemacht ist, wovon ich bei meinem Amp ausgehe, da er fast gar nicht rauscht, liegt am INPUT-Schaft der Klinkenbuchse eine relativ saubere 0V Masse an....
Diese Masse wird dann über der Mantelgeflecht des unsymetrischen Klinkenkabels mit der Gitarre verbunden. Dort dient die Masse wieder als Bezugspotential für die Spulen in den Tonabnehmern und dazu um die Gitarre zu Erden, damit Störströme, die die Gitarre als Antenne aufnimmt abfließen können.
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Nun geht es mir aber darum, was zwischen Gitarre und Verstärker massetechnisch abgeht...Ich habe also einen metallenen Fussschalter, indem ich meine Kanäle vom Amp sowie viele Bodentreter per Relais oder direktem Schalter an und ausschalten kann. Zusätzlich befinden sich auch noch eine Menge LEDs und ein IC als Speicher in dem Fussschalter.
Von meinem Amp bekomme ich je ein Kabel zur Kanalumschaltung mit 4,5 V. Eine positive Versorgungsspannung mit 4,5V und eine Schaltmasse 0V.
Nun betreibe ich die LEDs, Relais, ICs über die Versorgungsspannung, die aus dem Amp kommt. Diese Schaltströme verbinde ich alle gegen die Schaltmasse, die ich aus dem Verstärker bekomme, nicht aber mit der Signalmasse vom Klinkenkabel, denn das würde die Signalmasse meiner Meinung nach unnötig verunreinigen. Selbst wenn Schaltmasse und Signalmasse im Amp wieder zusammen laufen, können die Ströme sich bis dahin nicht gegenseitig beeinflussen, was ja nur vorteilhaft sein kann. Soweit zur Schaltmasse, nun zu Signalmasse:
An der Output-Klinken-Buchse des Fussschalters liegt die saubere Signalmasse vom Verstärker an. Diese muss natürlich irgendwie mit der Input-Buchse, die zur Gitarre geht verbunden werden.
Die Send-und Return Buchsen, die zu den einzelnen Effektpedalen führen haben natürlich auch eine Masse, welche wahrscheinlich auch am besten mit der Signalmasse an der Output-Buchse verbunden werden. Vielleicht sollte man sich aber auch mal darüber Gedanken machen, ob nicht das Effektgerät durch die Gleichstromversorgung schon geerdet ist und ob die Signalmasse des Effektgerätes mit der Masse der Stromversorgung des Effektgerätes verbunden ist.
Mein aktueller stand wäre dieser, dass ich alle Masse-Schaftkontakte sternförmig zum OUTPUT-Jack mit der Signalmasse des Outputs, der zum Amp führt, verbinde.
Nun zu dem strittigen Punk der Gehäuseerdung:Mein Vorschlag wäre dieser, dass ich das Gehäuse über die Schaltmasse, die direkt vom AMP kommt erde und keinen Kontakt zwischen Signalmasse und Gehäuse im Fussschalter herstelle. So wäre das Metallgehäuse geerdet, wodurch Störströme abfließen können und die Signalmasse würde nicht durch die Störströme beeinflusst werden.
Zudem muss man ja bedenken, dass ich eine Menge elektrische Verbraucher im Schaltsystem habe, wie LEDs, Relais, usw. würden diese an und ausgeschaltet werden, so gäbe es Stöße und Flusse im E-Feld der Leiter und somit auch in der Masse. Es ist also besser, finde ich, wenn ich diese großen Ströme von den LEDs, Relais, usw über die "dreckige" Schaltmasse abfließen lasse sodass die "saubere" Signalmasse davon erst mal nichts mitbekommt.
Für mich macht das so eigentlich am meißten Sinn, aber ich kann mich ja auch irren.
Gruß. Matthias
(EDIT: es wurden nur ein paar Forumlierungen und Rechschreibfehler verbessert)