Hallo
Aristoteles unterschied zwischen dem, was etwas nach seiner Möglichkeit nach ist und dem, was es nach zur Vollendung gekommener Wirklichkeit oder kurz in Wirklichkeit ist. Meine Holzkantel ist der Möglichkeit nach eine Lap Steel, aber in Wirklichkeit noch nicht, ich habe sie ja noch nicht fertig.
Übrigens folgt aus diesen Überlegungen, dass es in Wirklichkeit nichts Unendliches geben kann. Denn unendlich ist, was nicht fertig werden kann. Würde es Unendliches in Wirklichkeit geben, dann müsste es eben vollendet sein. Vielleicht gibt es unser Universum noch unendlich lange, aber es wird trotzdem niemals unendlich alt sein. Heute ist es vielleicht 15 Millarden jahre alt, aber das ist endlich und in nochmal 15 Millarden Jahren ist es dreißig Milliarden jahre alt, aber auch das ist endlich. Man kann soviele Jahre hinzurechnen wie man will, es wird immer älter, bleibt doch aber immer endlich alt. Auch wenn es das Universum unendlich lange geben sollte, wäre es doch niemals unendlich alt. Dasselbe gilt für unendlich großes. Man kann an eine Schnur immer noch eine Schnur anknoten und fortfahren, solange man will. Die Schnur wird lang und länger, bleibt aber doch immer endlich lang,
Manche haben daraus gefolgert dass es Gott nicht in Wirklichkeit geben kann, denn Gott ist unendlich und in Wirklichkeit kann es nichts Unendliches geben. Man kann aus der Unendlichkeit und Unübertrefflichkeit Gottes aber auch gerade folgern, dass es ihn gibt. Anselm von Canterbury hat das im ontologsichen Gottesbeweis getan.
Solche Fragen waren in der Scholastik des Mittelalters absoluter Forschungsschwerpunkt. Und das war um 12...13-hundert. Also gerade zu der Zeit, als die Eiche gefällt wurde, von der ich eine Kantel habe und als jeder Markt ein Mittelaltermarkt war. Ich wollte mal das Feeling der Zeit einfangen und 1280 dürfte in Bezug auf Vintagefeeling nicht zu toppen sein.
Da ich nur zwei von diesen Kanteln besitze, und so leicht keine weitere Beschaffen kann, bin ich beim Bearbeiten sehr vorsichtig. Es soll nichts schief gehen. Ich könnte die Kantel einfach mit einer Oberfräse zurechtschneiden, aber das möchte ich nicht. Ich mähe mein Gras mit der Sense, schneide meine Büsche mit Schere und Säge, Bohre meine Löcher mit Brust- oder Drehleier. Nur Löten mache ich elektrisch, das geht nicht anders. Mich stört der Lärm von Elektrowerkzeugen, ich kann dann beim Basteln nicht entspannen. Früher habe ich mein Geld unter anderem mit Messebau verdient, da hatte ich einen kleinen Fuhrpark, jetzt muss ich den nicht mehr haben. Jetzt kann ich mein geld mit Seminaren z.B. über Scholastik verdienen.
Aber zur Sache. Ohne Oberfräse bin ich auf Raspeln, Hobel und Stechbeitel angeweisen. Die Bilder zeigen einen kleinen Handhobel und einen Schabhobel mit runder Sohle von Kunz. Mit dem Schabhobel kann man Biegungen besser formen, als mit einem glatten Hobel. Der Bötcjer benutzt so etwas, um Fassdauben die richtige Form zu geben. Dann sieht man noch eine handgehauene Raspel. Bei der Sitzen die Zähne nicht streng in Reih und Glied, dadurch vermeidet man die typischen Riefen die sich bei normalen Industrieraspeln ergeben und schwer auszuschleifen sind. Bei Stechbeiteln nehme ich gerne die Kurzbeitel von MHG. Die lassen sich besser führen, wenn man nicht so viel Erfahrung und Übung hat. Zudem lassen sie sich auch gut schärfen.
Solche Werkzeuge bekommt man zu fairen Preisen bei Dieter Schmid (
http://www.feinewerkzeuge.de/).
Die Schärfe der MHG-Beitel habe ich letztes Jahr zu spüren bekommen, als ich mir eine Fingerkuppe ohne viel Schwung abgetrennt habe. Da saubere Schnitte gut heilen, ist sie wieder angewachsen. Zum Schärfen habe ich einen Schleifbock auf dem eine mit Leder bespannte Scheibe sitzt. Die wird Kisolin Schleifpaste bestrichen und macht mir alle Werkzeuge chirurgisch scharf, ohne dass die gefahr besteht, die Schneiden auszuglühen. Denn die Schleifpaste enthält bereits Öl.
Dann sieht man auf den Bildern noch wie ich vorgegangen bin. Ich habe mit einer Schablone die Kontur auf die Kantel übertragen und dann mit der feinsäge parallele Schnitte in das abzutragende Material gesetzt. Mit dem Stechbeitel kann ich mich von Schnitt zu Schnitt vorarbeiten und erhalte dann die gewünschte Kontur. Je nachdem kann ich dann mit der Raspel oder dem Hobel die Kontur noch sauberer herausarbieten. Mit scharfem Werkzeug dauert das nicht sehr lange und wird sehr ordentlich. Feine Stäube entstehen so auch nicht. MIt einem guten Hobel ist sogar Schleifen völlig unnötig und man reißt so auch nicht alle Poren des Holzes auf.
Viele Grüße
Martin