Hallo zusammen,
dies ist mein erster Beitrag in diesem Forum. Von Beruf bin ich Elektrotechniker, habe jedoch bei der Arbeit nicht mit Röhrengeräten zu tun. Gitarrenverstärker in Röhrentechnik sind mein Hobby. Ich liebe den Sound und die Dynamik. Für meine alten Bandkumpels repariere ich die Verstärker aus Spaß. Zur Zeit habe ich einen Problemfall, bei dem ich auf Ratschläge hoffe.
Es geht dabei um Hochspannungsüberschläge bei einem Marshall Superbass 100W (JMP 1992) Baujahr 1974.
Bei dem Verstärker löste die HT Sicherung 1AT aus. Der Grund dafür waren sichtbare Überschläge in den EL34 Endstufenröhren. Ursache war ein Wackelkontakt in der Box, der zu Lastabrissen führte.
Aufgrund des Alters wurden alle Koppelkondensatoren und alle Elkos erneuert. Alle Röhren sind neu. Als Endstufenröhren wurden E34L von JJ Tubes eingebaut. Das Bias wurde mit dem Tube Town Bias Kit eingestellt und mit Lastwiderstand und Oszi kontrolliert. Der Ruhestrom beträgt ca. 29mA bei einer Anodenspannung von 498V an Pin 3 der EL34 (ca. 14,4W).
Nach 5 Wochen Betrieb zeigen sich jetzt wieder Überschläge in den neuen Endstufenröhren. Der Besitzer hatte die Box nicht überprüft und weiter benutzt. Ich vermute einen weiteren Lastabriss als Ursache für die Überschläge. Es sind keine Brandspuren an Röhrensockeln, Bauteilen oder Leitungen zu sehen.
Zum Testen habe ich einen 8 Ohm Lastwiderstand angeschlossen. Die Eingänge sind ohne Signal und werden durch die Schalter in den Eingangsbuchsen auf GND gebrückt.
Nach dem Einschalten verhält sich der Verstärker einige Minuten unauffällig. Dann schlägt die Hochspannung in den Röhren über. Mit dem Oszi sehe ich, dass die HT an Pin 3 der EL34 während der Überschläge um ca. 40V einbricht. Die Biasspannung wird dabei langsam um etwa 20V positiver. Wenn bei die 1A Sicherung (zum Testen 1A flink) nicht durchbrennt, werden die Anodenbleche kurz rot. Danach ist eine kurze Zeit alles ruhig, die Röhren kühlen ab und die Spannungen erreichen wieder ihre Sollwerte bis der nächste Überschlag erfolgt und irgendwann die Sicherung durchbrennt. Beim Betrieb ohne die Endstufenröhren erfolgen keine Überschläge.
Vielleicht kann mir jemand, der die gleichen Erfahrungen gemacht hat, bei der Beantwortung meiner Fragen helfen.
Sind die neuen EL34 nach den Überschlägen so defekt, dass auch bei korrekt angeschlossener Last weitere Überschläge erfolgen?
Wurde der Ausgangsübertrager bei den Lastabrissen beschädigt? Leider habe ich kein Prüfgerät für Trafowicklungen. Könnte ich den Ausgangsübertrager mit 50 Hz über einen Trenntrafo (Klingeltrafo) prüfen? 100 W an 8 Ohm erfordern eine Wechselspannung von 28,3V effektiv. Wäre es sinnvoll einen Klingeltrafo mit 24V an die 8 Ohm Sekundärwicklung anzuschließen, die Primärseite mit 10 k Widerständen zu belasten und die Stabilität der Spannungen zu prüfen?
Das müsste dann ein starker Trafo mit Sicherungen in allen Stromzweigen sein.
Beispielsweise 50 mA durch 10 k zwischen CT und Red und ebenso 50 mA zwischen CT und BRN. Bei einer Spannung von ca. 500 V wären das 25 W pro Zweig, wobei 100 mA durch den CT Abgriff fließen. Wäre es sinnvoll die Wicklungen in dieser Weise auf Windungsschlüsse zu prüfen?
Ich habe einen Schaltplan des Verstärkers als PDF hochgeladen. Folgende Unterschiede zum Unicord /BKW Schaltplan gibt es:
Die beiden Bias Feed Resistors sind im Schaltplan mit 220k angegeben. Im Gerät sind 82k Widerstände verbaut. Soweit mir bekannt ist, deutet das auf eine ursprüngliche Bestückung der Endstufe mit 6550 Röhren hin.
Die beiden Elkos zur Glättung der Biasspannung haben eine Kapazität von 22uf statt 10uF.
Messgeräte, die mir zur Verfügung stehen:
Multimeter Extech EX530, Peak Tech LCR 2170, Metratester 5+ für Isolationsspannungsprüfungen mit 680V DC
Die Wicklungen von Power Choke, Netztrafo und Ausgangsübertrager wurden auf Isolation gegen Schutzleiter (Gehäuse) geprüft. Bei 680 V DC beträgt der Isolationswiderstand mehr als 20 Meg Ohm.
Die Biasspannung gemessen am 47k Widerstand beträgt –47V.
Die HT gemessen am Pin 3 der EL34 beträgt 498 V
Messungen mit dem RCL Meter am Ausgangsübertrager
Primärseite
Center White nach Red DCR 16,55 Ohm. Bei 100Hz 235,1 mH und 0,796k
Center White nach BRN DCR 15,06 Ohm. Bei 100Hz 237,5 mH und 0,795k
Red nach BRN DCR 31,55 Ohm. Bei 100Hz 3,1k bei 1kHz 3,44k
Sekundärseite:
Bezug für die Messungen ist BRN
(16 ) GRN: DCR 0,34 Ohm. Bei 100Hz 353,6 mH und 117,3 Ohm
( 8 ) YEL: DCR 0,26 Ohm. Bei 100Hz 188 mH und 60,7 Ohm
(4) BLK: DCR 0,18 Ohm. Bei 100Hz 95 mH und 29,8 Ohm
Power Choke:
DCR 106,8 Ohm. Bei 100Hz 4,86H und 0,345 k.
Das ist jetzt viel Text. Vielleicht habt ihr ja Vergleichswerte gemessen aus denen Rückschlüsse auf Defekte gezogen werden könnten. Wenn der Amp läuft, vibriert alles. - Ist schon schön. Momentan weigert er sich beharrlich.
Viele Grüße
Ludger