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Grundsätzliche Fragen zum PP-Amp Design für Highgain-Sounds
Showitevent:
Moin,
zur Eingangsfrage:
Ich baue nun schon seit bald 30 Jahren Röhrenverstärker und das auch vornehmlich im High Gain Bereich.
Es gibt da einfach unglaublich viele Dinge zu beachten.
Mit Highgain assoziiert man ja vornehmlich Rock / Metal. Allerdings gibts da auch schon wieder super viele Unterscheide.
Ich sags mal mit ganz einfachen Worten:
- Oldschool Rock = Endstufenzerre willkommen
- Oldschool Metal = Endstufenzerre nur partiell willkommen
- Modern Glattgebügelter Rock = eher wie der punkt davor ABER mit weniger Gain im Preamp
- Modern Metal = so gut wie keine Endstufenzerre, dafür alles schön Tight und mit dem Pick Kontrollierbar bei 230 BPM auf 16teln
So jetzt kommts aber! Oben beschrieben ist eher die Wahrnehmung wie wir sie ohne eine technische Theorie bescheiben würden.
Der Hintergrund ist, dass Du nicht unmittelbar eine Verzerrung als solche wahrnimmst. Bevor die eigentliche "höhrbare Clipping Distortion" akustisch so richtig einsetzt, setzt erstmal das Gefühl der "Wärme im Ton" ein. Geschuldet ist das s.g. Formanten (2te und 3te Harmonik), welche mit höherem Aussteuerungspegel entstehen, wenn die Röhre eben in "Verzerrung" ist.
Der gesamte Dynamikumfang der Endstufe entscheidet dann darüber, ob Du da viel Spielraum hast bevor es unangenehm wird.
Man könnte jetzt der Einfachheit sagen "Sweet Spot". Den musst Du für Dich definieren.
Für mich muss ein Highgainer, den Gain vornehmlich in der Vorstufe machen! Die Endstufe soll aber anfangen zu färben. Ich als eher tighter Metaller will das Ding schon in einer Region spielen, wo der Dynamikumfang der Endstufe relativ gering ist, will aber auch nicht das gefühl haben, dass ich aufpassen muss, wie doll ich die Saiten jetzt gerade spiele. Also ab 30 Watt aufwärts Push Pull, sonst reichts nichtmal für den Proberaum, eher 50 bis 100 Watt.
Mit Dynamikumfang meine ich hier, dass geschuldet dem hohen Preamp Gain zur Clipping Distortion der Endstufe nicht mehr viel Platz ist um eben auch das Maximal nutzbare der Endstufe zu haben.
Für alle Blueser unter euch! Sorry so ist das nunmal.
Jetzt kommt es aber eben auch darauf an, wieviel Gain ich denn überhaupt haben will.
Viel Gain geht mit 3 Stufen im Preamp und tweaking - allerdings nicht richtig Tight! Die Möglichkeit für richtig tighten Highgain hast Du dann ab 4 bis 5 Stufen (sagen wir 4) und zwar ECC83 Style. Hier musst Du dann super doll aufpassen, weils ab der 4ten Stufe extrem schnell overgained, extrem noisy wird und am Ende auch extrem dünn. 4 bis 5 Stufen nutzt man vornehmlich um eben nicht noch mehr gain raus zu holen, sondern das Gesamtkonstrukt über mehrere Stufen tight zu halten - während man Gain aufbaut.
CF:
Ich persönlich bin NULL Freund von Cathode followern. Das ist aber meinem Spielstil und der Tatsache geschuldet, dass ich nicht daran glaube, dass die Impedanzwandlung notwendig ist (ganz untechnisch gesprochen) um ein einfaches Tonestack zu treiben. Zig Hersteller haben das klanglich bewiesen. Ein CF neigt schnell dazu, ein Ungleichgewicht in die Gainstruktur zu addieren. Wenn das gewünscht ist, habe ich nichts gesagt.
Jetzt kommt aber mein Alter auch so langsam in die Höhe, man wird ruhiger, spielt langsamer, weniger laut und hey, wenns mal nicht reicht, dann ist ein Boss SD1 eben vor dem 3stufen +CF amp.
Gefällt mir dann klanglich auch, allerdings spiele ich dann nicht das, was ich sonst spielen würde.
LG
Geronimo
brötchenbitteohnekümmel:
Das ist ja mal ein spannender Punkt Geronimo!
Über Klang und Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, mir persönlich taugt vor allem eher moderner Metal, hieße nach Deiner Erklärung quasi keine Endstufenzerre.. Wäre noch mal einen Versuch Wert.
Ich hatte bereits das Problem, dass ich mit vier ECC83 Stufen viel zu viel Bassfrequenzen bisher hatte und die Höhen recht dünn wirkten. Obwohl ich sogar immer recht kleine Koppelkondensatoren benutzt habe (<=1nF).
Mit wieviel Signalpegel kann man denn so ungefähr in die nächsten Gainstufen reingehen? Wenn's zu viel wird, klingt es irgendwie auch kacke...
Wenn ich eine ECC83-Stufe auf knapp -2V biase und dann mit 10Vp Signalpegel reingehe, sieht das zwar nach viel Verzerrung aus, ist klanglich aber noch recht überschaubar.
Hier komme ich aber nochmal auf das Thema Anodenspannung zurück:
Wenn wir vier (oder mehr) Stufen kaskadieren müssen wir ja zwischen jede Stufe auch Spannungsteiler packen, hohe Widerstände im Signalweg führt ja auch zu erheblichem Rauschen. Wäre es da nicht sinnig, die Hochspannung auf z.B. 150V (oder weniger) zu begrenzen? Dann ist der Ausgangspegel der Stufe geringer und die Stufe geht auch mit deutlich weniger Eingangspegel schneller ins verzerren...
Viele Grüße,
Max
Stubenrocker81:
Das kann man nicht beantworten.
Da spielen Gridstopper und Bias der einzelnen Stufen ne große Rolle.
Gruß Stephan
Stahlröhre:
Ich glaube du zerdenkst das viel zu sehr. Verzerrungen (in der Gitarrenwelt) sind etwas sehr chaotisches und vorallem subjektives, wofür man schlecht ein technisches/mathematischen Ideal definieren kann. Das ist etwas völlig anderes, als z.B. irgendeine HiFi Endstufe, wo man ein technischen Ideal vorgeben kann was Ausgangsimpedanz, THD, Frequenzverlauf, Wirkungsgrad, Phase etc. betrifft.
--- Zitat von: brötchenbitteohnekümmel am 16.05.2024 18:52 ---...
Ich hatte bereits das Problem, dass ich mit vier ECC83 Stufen viel zu viel Bassfrequenzen bisher hatte und die Höhen recht dünn wirkten. Obwohl ich sogar immer recht kleine Koppelkondensatoren benutzt habe (<=1nF).
...
--- Ende Zitat ---
Das kann viele Gründe haben, z.B. zu große/keine Kathodenbypasskondensatoren.
--- Zitat von: brötchenbitteohnekümmel am 16.05.2024 18:52 ---...
Hier komme ich aber nochmal auf das Thema Anodenspannung zurück:
Wenn wir vier (oder mehr) Stufen kaskadieren müssen wir ja zwischen jede Stufe auch Spannungsteiler packen, hohe Widerstände im Signalweg führt ja auch zu erheblichem Rauschen. Wäre es da nicht sinnig, die Hochspannung auf z.B. 150V (oder weniger) zu begrenzen? Dann ist der Ausgangspegel der Stufe geringer und die Stufe geht auch mit deutlich weniger Eingangspegel schneller ins verzerren...
--- Ende Zitat ---
Die Anodenspannung hat hier nicht den Einfluss den du denkst. Bei einer ECC83 erhältst du bei 350V eine Verstärkung von ca. 61 bei nur 150V geht diese auf ca. 58 zurück. Das ist kaum signifikant, was sich dagegen gewaltig ändert ist der Headroom der Stufe der ist bei 150V geringer, wesshalb die Stufe sogar eher begrenzt und somit mehr zerrt. Du erreichst auf diese Weise also das genau Gegenteil. In #1 war ich auf diese Thematik auch schon eingegangen.
Letztendlich geht es auch nicht darum möglichst viel Verzerrung zu erreichen, sonst könnte man auch eine Röhre plus zwei antiparallele Dioden nehmen und die Sache wäre erledigt.
Es geht viel mehr daraum das Gain von vorne nach hinten "zu shapen" durch Wahl der Arbeitspunkte, Spannungsteiler, Kondensatoren usw.. Um das hinzubekommen brauchst du viel mehr Hands-on Erfahrung, die du nur durchs Probieren bekommen kannst. Die Mathematik kann dir dann für alles eine Begründung liefern, aber das eigentliche Ziel wo man hin will, ist kaum vorhersehbar/definierbar.
Meiner Meinung nach solltest du am besten mit einer Schaltung eines Verstärkers anfangen der dir grundsätzlich zusagt und diese dann nach den eigenen Wünschen modifizieren.
Nichts anderes haben letztlich 95% der heute am Markt anzutreffenden Firmen gemacht.
Helmholtz:
--- Zitat von: Showitevent am 16.05.2024 00:34 ---Für alle Blueser unter euch! Sorry so ist das nunmal.
--- Ende Zitat ---
Das mag schon sein - muss einen "Blueser" aber auch nicht wirklich interessieren.
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