Das Problem ist folgendes: Man hat eine Kathode, die eine gewisse Ausdehnung hat. In dieser liegt der Heizfaden. Um das ganze jetzt zu vereinfachen, nehmen wir mal an, dass der Heizfaden nur einmal durch das Kathodenrohr geht. Außerdem nehmen wir zur Vereinfachung Schaltkapazitäten als Widerstände an (das mache ich, weil die Frequenz konstant ist und die Phasendrehungen interessieren uns jetzt nicht...), d.h. nicht wundern, wenn ich von Schaltkapazitäten schreibe, aber dann mit Widerständen weitermache.
Also zum Problem: Die Kathode hat eine Länge. Über diese Länge ist der Heizfaden verteilt, d.h. er hat eine gewisse Kapazität zum Kathodenrohr. Über diese Kapazität können jetzt Störungen auf die Kathode einwirken. Zusätzlich zu dieser Kapazität isoliert das Aluminiumoxid auf dem Heizfaden auch nicht unendlich gut, d.h. bei höheren Spannungen wird das Zeug niederohmiger (daher die Angaben zur Uf/k der Röhren). Also hat man zwei Probleme: Ein ohmsches und ein kapazitives, wobei ich dem ohmschen ehrlich gesagt mehr Gewichtung zukommen lassen würde.
Es gibt jetzt verschiedene Möglichkeiten, wie man die Heizwicklung beschalten kann. Wenn man die Heizwicklung überhaupt nicht auf Schaltungsmasse legt, dann kann es passieren, dass die gesamte Heizwicklung in ihrem Potential gegenüber der Schaltungsmasse verschoben wird. Das kann kapazitiv im Netztrafo oder irgendwie anders passieren, aber auf jeden Fall "wandert" (floatet) die Heizwicklung über/unter 0V herum, wobei die Spannungen schon etwas höher werden können. Ich habe da schonmal 20Veff gemessen. Diese 20V koppeln dann auf die Kathode ein und verschieben diese in ihrer Spannung und das hört man. Wenn man sich überlegt, dass eine Röhre an der Kathode genauso empfindlich ist wie am Gitter, nur ist sie an der Kathode eben niederohmiger, dann ist auch klar, warum man das bei den in Gitarrenamps üblichen Verstärkungsfaktoren so herrlich brummen und knistern hört.
Okay, was tut man: Man erdet ein Ende der Heizwicklung. Damit kann die Heizung nicht mehr wild rumwandern und das eine Ende bleibt sicher auf 0V. Das andere Ende schwingt aber mit 6,3Veff gegen Masse, d.h. man hat da von +9V über 0V bis -9V alles vertreten. Und das brummt bei empfindlichen Vorstufen eben immer noch - bei Endröhren wie der EL34 reicht das aber locker, um eine Brummarmut zu gewährleisten (wobei..da liegt die Kathode eh meist auf Masse, von daher wäre das sowieso egal...).
Die Lösung ist dann eine Aussymmetrierung der Brummspannungen. Das heißt, man muss erreichen, dass das die Endpunkte des Heizfadens entgegengesetzte Potentiale gegenüber 0V haben. Dabei müssen die Spannungen so aufgeteilt werden, dass durch den Kathodenwiderstand kein Wechselstrom fließt, also am Kathodenrohr keine Wechselspannung (= BRUMM!) anliegt. Dazu gibts verschiedene Möglichkeiten:
-Trafo mit MittelanzapfungDie Mittelanzapfung im Trafo bewirkt eine Symmetrierung der Heizspannungen dadurch, dass eben nicht mehr ein Ende des Heizfadens auf 0V festgelegt ist, sondern die Mitte. Dadurch erreicht man den oben beschriebenen Fall der "absoluten Symmetrie" - zumindest in der Theorie. Nehmen wir mal den Fall der Scheitelspannung von ca. 9V an. Dann hat man zwischen den äußeren Anschlüssen des Trafos 9V anliegen, also jeweils 4,5V.
Wie oben beschrieben, beschränke ich mich hier zur Veranschaulichung auf die beiden Widerstände R1 und R2. Wenn man annimmt, dass R1 und R2 gleich groß sind, dann ist in dem Falle logischerweise die Spannung am Kathodenrohr 0V (also die Spannung, die R1 und R2 bewirken, normalerweise ist die Gleichspannung aufgrund des Ruhestroms natürlich nicht 0V...). Das selbe gilt auch für eine "virtuelle Mittelanzapfung" durch zwei Widerstände, also die allseits bekannten 2x100 Ohm oder sowas.
Das Problem ist jetzt aber, dass die meisten Röhren eben NICHT symmetrisch sind, d.h. R1 und R2 sind unterschiedlich groß. Und es kann sich jeder denken, dass dann eben die Spannung am Kathodenrohr auch nicht mehr 0V ist sondern irgendwas anderes. Und da braucht man dann ein
-AbgleichpotiWie gesagt, wenn R1 und R2 nicht gleich groß sind, dann muss man eben wieder dafür sorgen, dass die Spannung am Kathodenrohr gegenüber Masse 0V wird. Da das von den Röhren abhängt, sollte man das einstellbar machen => Poti statt 2x100 Ohm benutzen.
Hier ist das Poti als zwei Einzelwiderstände gezeichnet (Rpot1, Rpot2):
Wenn man das umzeichnet, dann erkennt man, was das Ganze eigentlich darstellt...
...und zwar eine Wheatstone'sche Brücke. Die muss so abgeglichen werden, dass durch den Kathodenwiderstand kein Strom fließen kann, denn nur dann ist die auf die Kathode wirkende Spannung 0. Das gilt, wenn Rpot1/Rpot2 = R2/R1 ist. Und auf diesen Wert muss man abgleichen.
Wie gesagt nochmal hier am Ende: Diese Erklärung betrachtet NUR die Einkopplung der HeizWECHSELspannung durch Isolationsschwächen am Heizfaden und durch kapazitive Kopplung und ist stark vereinfacht. Eigentlich geht der Heizfaden im Kathodenrohr x mal hin und her und normalerweise liegt an der Kathode eine Gleichspannung an usw usw...aber vom Grundsatz her ist die Funktionsweise eigentlich nur so einfach erklärtbar und ich denke, dass mein Erklärungsweg zutrifft.
Danke an Hans für das Stichwort "Messbrücke". War mir zwar klar, aber ich wusste nicht, wie ichs beschreiben soll
Ich hoffe, dass das jetzt nachvollziehbar war, ich freue mich über Korrekturen und anderes konstruktives Feedback
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Preisfrage: Warum funktioniert das jetzt absolut nicht, wenn man die ECC8x mit 12,6V heizt? Das darf jetzt ein anderer erklären, ich geh jetzt ins Bett
MfG Stephan