Hi,
Was dem JMP-1 fehlt, ggü einem zB 2203/2204 sind asymmetrierende Cold-Stage + Treble-Peaking Stufen vor der letzten Stufe (die als erstes zerrt) und auch die fehlende Belastung des Kathodenfolgers durch einen Tonestack, die sehr charakteristische "Slew-Limiting"-Verzerrungen erzeugt.
Beim JMP-1 sind allle Stufen bis auf die letze streng symmetrisch (Gain+CF-Stufe, und die dürfte kurz vor dem Dioden-Softclipper anfangen zu begrenzen, ansonsten wäre sie doch recht sinnlos), und jegliche Form von dynamischer Arbeitspunktverschiebung durch sich entwicklendes leichtes Grid-Blocking wird verhindert.
Die Cold-Stage + das Treble-Peaking dahinter sind übrigens extrem wichtig für einen 2203-ähnlichen Sound bzgl. der Zerrentwicklung, weil wenn die Coldstage clippt (deutlich später als die letzte Stufe) werden durch die Peaking-Stufe neue "harte Kanten" im Steuersignal der letzten Stufe sichtbar, die auch hinten noch durchkommen, zumindest in der negativen Halbwelle. Das erzeugt eine Klangänderung mit zumehmender Signalstärke, obwohl die letzte Stufe schon deutlich zerrt. Und wenn das Slew-Limiting genau passt, nämlich etwas später einsetzt als zweite Verzerrungsebene, haben wir sozusagen ein Dreigang-Getriebe, was den Verzerrungscharakter angeht. Also sich ständig ändernde Verhältnisse was die entstehenden Obertöne vs Eingangspegel und auch Frequenz des Eingangssignals angeht. Wenn das alles richtig gut zu einenander passt (extrem von den Röhrendaten abhängig, allerdings) haben wir beim 2203/2204 diese einzigartige Kombination von gleichzeitig aggressiven, gut artikuliertem und dynamischen Zerrsound, wo trotz aller Sattheit (bei hohen Gain-STellungen) der Charakter der Gitarre und alle Spieldetails, insbesondere der Anschlag, immer voll durchkommt. Und der trotzdem butterweich nach Semi-Clean ausfadet (wieder extrem abhängig ob das Slew-Limiting richtig passt, vor allem beim 2203).
Der JMP-1 hat dagegen nur einen Gang : Es verzerrt, und es verzerrt halt mehr mit mehr Gain, aber es gibt wenig bis keine Änderung im Zerr-Charakter abhängig vom Eingangsignal.
Ich denke, einen JMP-1 wirklich in Richtung 2203/2204 biegen, als "den" Trademark-Marshallsound ist ohne radikale Umbauten nicht so einfach. Im Wesentlichen müsste man also
a) den Dioden-Softclipper asymmetrisch machen und später clippen lassen,
b) Treble-Peaking dahinter (was weiter hinten und/oder weiter vorn wieder korrigiert werden muss, sonst wird's zu hell/harsch),
c) die ECC83-Gainstage+CF pimpen bzgl. Arbeitspunkt und C-Last.
Grüße, George