OP-Amps wie den TL072 (dessen EIngänge zumindest als MOSFET zu betrachten sind) sollte niemals in die Sättigung getrieben werden. Die Eingangsstufen haben eine etwas hässliche Besonderheit. Der Common-Mode_bereich ist im negativen eingeschränkt. Der niedrigste Spitzenwert des Inputsignals sollte immer noch 3-4 Volt positiver sein als die negative Versorgung. Sonst wird das Signal nämlich nicht einfach geclippt, sondern regelrecht nach oben umgeklappt und es können Transiente mit hoher Anstiegsgeschwindigkeit entstehen, die einfach nur schauderhaft klingen. Hier sollte das Clipping stets durch Dioden, LEDs etc. erzeugt werden. Am besten sogar durch passive Stufen wie bei einigen Röhrenamps. Der Gain von OPs ist einfach viel zu groß und heftige Signalwechsel oder Vollaussteuerung bis zum Clipping quittieren sie manchmal durch ein "Hängenbleiben" in der Sättigung, bzw. Überschwinger. Man muß bei Halbleiterschaltungen stets drauf achten, daß die Signalbandbreite definiert begrenzt wird, damit man immer unterhalb der Slew-Rate des OP-Amps bleibt. Hinter einer Zerrerschaltung hat man ja bei schnellen Schaltungen Oberwellen bis Anno Tuck. Wenn man hier nicht filtert, können diese Oberwellen (die man eigentlich gar nicht mehr hört) Intermodulationen und sogar hörbare Spiegelfrequenzen verursachen. Ihr glaubt gar nicht, wie schei.. sowas klingen kann.
Wird ein OP mit einem Signal mit sehr kurzen Anstiegszeiten gefüttert, kann es sein, daß die Gegenkopplung zu lahm ist und der OP dann undefiniertes liefert. Im übelsten Falle können das sogar Nadelimpule im vollen Ausgangsspannungshub sein. Ich will hier auf keinen Fall über OPs ablästern, aber solche Schaltungsdesigns müssen etwas sorgfältiger durchdacht werden als eine Röhrenshaltung ohne Feedback...
Röhrengezerre ist eine "harmonischere" Angelegenheit. Fehler die durch Laufzeitprobleme oder Überschreitung des Common-Mode-Bereiches von OPs verursacht werden, sind absolut hässlich, disharmonisch und für das Ohr so unnatürlich, daß man sie schon in kleiner Dosierung als unangenehm empfindet.
So ein Monster mit einer Leerlaufverstärkung von ein paar 100.000 kann da schon mal schnell aus'm Ruder hüpfen!
Sowas kann man übrigens sehr schön mit LT-Spice alias Switcher- CAD durchsimulieren. Für die LTC-OP-Amps gibt's sehr realistische Modelle, die laufzeitbedingte Designfehler vermeiden können. Man kann sich echt wundern, was ein OP macht, wenn man ihn mal mit einem "Labor-Rechteck" speist....
Richtig eingesetzt ist ein TL072 schon ein sehr guter OP. Es gibt zwar noch bessere, die dann aber erheblich teurer sind, aber meist auch wesentlich mimosenhafter, was Schwingneigung angeht. Für Effektgeräte etc. halt der 072 halt den Vorteil, daß er enorm unempfindlich auf Versorgungsripple ist, er ist unity-gain stabil, sodaß er ohne Kompensationsmaßnahmen als Buffer mit Gain 1 verwendet werden kann. Hier machen die meisten HiEnd -OPs echte Probleme. Die an sich sehr rauscharmen Bipolar-Typen wie NE5532, NE5534 usw. haben hier nix verloren, weil sie nur in einer sehr niederohmigen Beschaltung diesen Vorteil ausspielen. In einer typischen Klangregler- oder Zerrestufe in Effektgeräten mit hochohmiger Aussenbeschaltung können sie sogar erheblich schlechter performen als ein popeliger TL072, obwohl deren äquivalentes Eingangsrauschen um den Faktor 10-20 geringer sein kann als das vom TL072.
Boah, watt'n Haufen Theorie...
Aber gerade Verstösse gegen die Einfache Grundregeln wie Bandbreitenbegrenzung etc. führen zu dem schlechten Image, was viele Sand-Schaltungen haben... Tech21 hat die Sache offenbar wohl recht gut im Griff und die Layouts scheinen auch sorgfältig durchdacht zu sein.
Ich habe früher auch sehr viel mit OP-Schaltungen herumexperimentiert und die besten Ergebnisse kamen zustande, wenn die OPs immer nur im sauberen Bereich arbeiteten und die Zerre über Dioden oder FETs erzeugt wurde. Die Zerrstufen wurden anschließend auch so beschaltet, daß ein Lowpass am Ausgang vorgesehen war. (15- 20 KHz). Musikalisch hat der fast keinen hörbaren Einfluss, aber der folgende OP dankt es einem.
LT-Spice ist da schon Gold wert, um solche Fehler zu vermeiden.
Gruß
Stefan